You are currently viewing Dem Himmel ganz nah

Dem Himmel ganz nah

Wir treffen Madhu

Hier treffen wir an unserem freien Tag auch Madhu, einen traditionellen Thangka Maler, der sein Atelier an einem der Hauptplätze hat. Er nimmt sich ausgiebig Zeit für uns, erklärt uns das buddhistische Weltbild und wie es mit seiner Malkunst in Verbindung steht. Vieles von dem, was er sagt, ist uns nicht neu. Und doch ist es immer wieder bereichernd, die Essenz der buddhistischen Lehre von unterschiedlichen Menschen und aus unterschiedlichen Blickwinkeln zu hören. Ein Gedanke, der mich an diesem Tage anspricht und den ich mitnehme, ist seine Mahnung, nicht auf irgendeinen Guru zu hören und sich ihm bedingungslos anzuschließen. Vielmehr gehe es darum, die eigenen Gurus im Leben immer wieder neu zu finden, Menschen oder auch Tiere, die das eigene Leben, den eigenen Horizont erweitern.

Manfred und ich haben Madhu auch in der Absicht besucht, ein Bild zu erwerben. Letztlich haben wir uns jeder eines ausgesucht und sind nun stolze Besitzer zweier ganz unterschiedlicher Kunstwerke (Thangkas), die sicher einen besonderen Platz in unserem Tinyhaus bekommen werden.

Leben in Katmandu

Zum Mittagessen sind wir mit Niki und seiner Frau Ritu verabredet. Sie leben im Süden von Katmandu in einer Parterrewohnung in einer Neubausiedlung. Ritu hat für uns gekocht. Das Essen, Gemüse und Hühnchen mit Brot, Dal und Reis ist köstlich. Die beiden Essen auf typische Weise mit den Fingern. Ich entscheide mich, es ihnen an diesem Tag gleich zu tun und bin im Nachhinein um eine Erfahrung reicher und stolz auf mich, mich nicht ganz so ungeschickt angestellt zu haben.

Die beiden arbeiten in der Tourismusbranche und haben eine lange Durststrecke hinter sich. Zudem handelt die erweiterte Familie mit Klangschalen und anderen Handicraftprodukten, was in diesen Zeiten auch schwer ist.
Wir sind glücklich, all unsere Fragen über das Leben in Nepal, den Alltag, das Schulwesen, etc. stellen zu dürfen und sehr dankbar, dass die beiden uns ihre Zeit geschenkt haben. Wir hoffen, sie eines Tages bei uns in Deutschland oder den Niederlanden begrüßen zu dürfen.

Bergdörfer

Zurück gen Westen führt uns unser Weg über, für Nepal gute, für uns eher schlechte Straßen, durch viele kleine Ortschaften und Bergdörfer. Mich fasziniert, dass hier jeder in einem kleinen Haus wohnt, auf dem Dorf oftmals gemeinsam mit Tieren aller Art. Ziegen, Kühe, Hunde, Katzen und Hühner laufen frei im Vorgarten herum. Lediglich Büffel sind angeleint, manchmal bekommen sie die Füße zusammengebunden, um nicht weit weglaufen zu können. Manchen Tieren ist die Qual beim Laufen anzumerken. Da möchte ich am liebsten die Schere rausholen…

Für eine Nacht verweilen wir im Bergdorf Bandipur. Es hat einen schönen Dorfplatz, der zum Verweilen einlädt. Wir stärken uns bei Kaffee und Kuchen und bummeln den ganzen Nachmittag umher und erfreuen uns an den vielen Aussichten und dem schönen Bergpanorama.

Familien leben auch in Nepal oftmals mit mehreren Generationen zusammen, in ländlichen Gebieten häufiger, als in den Städten. Rente bekommen nur ehemalige staatliche Bedienstete. Deshalb werden die Alten von den Jungen mitversorgt. Ein Modell, dass wir nun schon aus vielen Ländern kennen, das sich aber auch hier in Zeiten der Individualisierung verändert.
Wie in Bhutan, so zieht es auch viele junge Nepalesen zum Studium oder Arbeiten ins Ausland. In den letzten Jahren kommen jedoch etliche mit neuem Wissen und Geschäftsideen zurück. Das ist sicher wichtig für ein Land wie Nepal. Nur so kann ein Land überleben sowie Wandel und Fortschritt sichern.

In Bewegung

In Pokhara, im Zentrum Nepals verweilen wir sieben Nächte. Der Ort ist Ausgangspunkt zahlreicher Trekkingtouren ins Annapurnagebiet. Wir begnügen uns jedoch mit einigen Wanderungen und Radtouren rund um den Phewa-See. 

Endlich ist mal wieder ausgiebig Zeit, sich zu bewegen. Ich bin doch mächtig eingerostet und überrascht, wie viele Muskeln ich über die Monate verloren habe. Seit Wochen spüre ich meine Knie nach dem Aufstehen und langen Fahrten. Es ist keine Neuigkeit, dass ich unter Arthrose in beiden Knien leide. Aber bislang konnte ich Schmerzen durch regelmäßige Bewegung, Radfahren und Walken weitestgehend vorbeugen. Von daher bin ich dankbar, mich mal wieder ausgiebig bewegen zu können.

Dem Himmel ganz nah

Schon auf dem Weg nach Pokhara habe ich mich entschieden, einen Paraglidingflug zu machen. Vor Jahren hätte ich mich das nicht getraut. Wenn, dann hier im Himmalaya, sagt mir meine innere Stimme. Etwas Mut kostet es mich schon, den Flug zu buchen. Und auch am Morgen vor der Abholung ist mir dann etwas mulmig zu mute. Doch als ich mit den anderen Flugwilligen im Auto sitze, werde ich ruhiger und ruhiger. 

Dann geht alles schnell. Etliche Helfer breiten die Schirme aus. Ich bekomme Gurte angelegt, werde eingeklickt, dann erhalte ich die Instruktion, etwas zu laufen, kurz anzuhalten, wieder ein paar Schritte zu laufen und schon sind wir in der Luft.

Zunächst schrauben wir uns noch etliche Meter hoch, um dann ganz entspannt ins Tal zu gleiten. Zweimal wird es etwas unruhig durch die Thermik, ansonsten habe ich das Gefühl in der Luft zu stehen. Die 25 km/h sind so hoch oben kaum merklich. 

Die Stille und das Gefühl von Freiheit und Getragensein beeindruckt mich nachhaltig. Als ich meinem Pilot Maan während des Fluges davon vorschwärme, erwidert er, es sei wie Meditieren im Himmel.

Ich bin beeindruckt von Maans Flugkünsten und auch von seiner  sanften Punktlandung an der Stelle, wo bereits ein Mitarbeitert wartet, um die Schirme wieder einzupacken.

Wie Meditieren im Himmel

Chitwan und Bhardia Nationalpark

Mit Chitwan und Bhardia besuchen wir zwei Nationalparks, in deren unmittelbarer Nachbarschaft wir stehen. Mit Jeeps sind wir in dieser herrlichen Gegend unterwegs. Leider haben wir weniger Glück und bekommen keinen Tiger zu Gesicht. Aber es heißt auch, dass ein Tiger 110 Touristen sieht, bevor ein Tourist einen Tiger. Dafür sehen wir einen Elefanten, Rehe, Kojoten, Hirsche, Flussdelfine und viele verschiedene Vögel. 

Da Tiger ein klar abgestecktes Revier haben, stellen sie keine Bedrohung für die Ortschaften dar. Elefanten wohl. So gibt es in einem von uns besuchten Dorf eine nächtliche Elefantenwache. Elefanten haben dort bereits Gärten und Häuser zerstört und werden zurück in den Dschungel getrieben. 

Auf den Spuren Buddhas

Mit Lumbini erreichen wir einen Grenzort zurück nach Indien. Aber er ist noch viel mehr. In Lumbini wurde Siddharta Gautama, später bekannt als Buddha, geboren. Vor den Toren der Stadt ist er als Prinz im Königreich seines Vaters aufgewachsen. Schon früh sagt man ihm eine Zukunft als Mönch und Gelehrter voraus – ganz zum Unmut seines Vaters, der ihn als Thronfolger sieht und aufgrund der Prophezeiung vom Leben außerhalb des Palastes abschottete.
Auf unserem Weg nach Lumbini schauen wir uns das ehemalige Gelände des Palastes an, das kurz davor ist, in die Liste der Weltkulturerbe aufgenommen zu werden. Wir haben Glück: Aktuell ist das Gelände noch wenig touristisch erschlossen und frei zugänglich.

Umso touristischer ist dann der eigentliche Geburtsort, ein Baum in Lumbini, an dem nun ein Tempel errichtet ist. Um ihn zu besichtigen, stehen wir mit vielen anderen in der Schlange.

Um diese heilige Stätte herum wurde eine Parkanlage errichtet. Jedem Land wurde angeboten, in dieser Anlage einen eigenen buddhistischen Tempel oder ein Kloster zu errichten. Einige davon besuchen wir, so auch den nepalesischen, deutschen und österreichischen.

Wilhelm, ein Teilnehmer unserer Gruppe, stellt zudem den Kontakt zum Lumbini International Research Institute her, das wir besuchen dürfen. Zwei Mitarbeiter sind an diesem Tag vor Ort. Es ist ein Feiertag, der erst am Vortag als solcher seitens der Regierung festgelegt wurde. Das Institut steht unter deutscher Leitung und wird durch internationale Mittel finanziert. Der Mitarbeiter, der uns durch das Institute führt, ist Deutscher, der jedes Jahr für ein paar Monate vor Ort ist und die anfallenden Arbeiten und Mitarbeiter koordiniert. Durch seine Erzählungen erfahren wir viel aus dem Arbeitsalltag in Nepal und die doch sehr andere Lebens- und Arbeitsgewohnheiten der Nepalesen.

Das Herzstück des Institutes ist die Bibliothek, die alle nennenswerten Schriften bezüglich des Buddhismus beherbergt. Wissenschaftler und Doktoranden aus allen Ländern quartieren sich hier zu Forschungszwecken für einige Zeit ein.

Von Königreichen

Zu Zeiten Buddhas gab es die Grenze zwischen Nepal und Indien nicht. Vielmehr gab es viele Königreiche. Nachdem Buddha den Hof seines Vaters verlies, wurde er Bettelmönch und setzte seinen Weg Richtung Süden fort, um Erleuchtung zu finden. 

Diese fand er nach etlichen Jahren der Entsagung und Enthaltung schließlich unter einem Bodhi-Baum (Pappelfeige) bei Bodhgaya im Bundesstaat Bihar, das im heutigen Indien liegt. Von hier zog er weiter Richtung Varanasi, zum heiligen Pilgerort am Ganges, wo er  in Sarnath seine ersten Unterweisungen gab.
Es ist sicher kein Zufall, dass auch unsere Karawane sich von Lumbini aus auf den Weg nach Varanasi macht…

Eure Saradevi
Varanasi, 18.02.2023

Unserer Reise durch Nepal im Januar & Februar 2023

Wir freuen uns auf den Austausch mit dir...