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(Zu) Viele Tage in Darwin 

Nach Mitternacht erreichen wir Darwin. Niemand möchte einen Blick in unsere Taschen werfen. Per WLAN im Flughafen kann ich ein Fahrzeug über Uber bestellen, das uns in die Stadt fährt.

Ohne Probleme checken wir dank Zahlenschloss in unserem Airbnb ein. Ich habe eines in Nachbarschaft zum Mercedeshändler und fußläufig zur Stadtmitte gewählt.

Nach Ankunft sind wir überrascht, keine Tür zur versprochenen Toilette zu finden. Dass die Dusche draußen auf der Terrasse  in Poolnähe ist, war uns klar. Dank Lageplan finden wir das WC letztlich im Nebengebäude. Auch damit können wir uns arrangieren – es ist ja nur für drei Nächte.

Spiegel

Unser erstes Ziel in Darwin ist der Mercedeshändler. Vor Wochen habe ich den neuen Außenspiegel bereits bezahlt. Der Mitarbeiter wollte mir den Eingang der Zahlung bestätigen und den Spiegel bestellen. Gehört habe ich nichts mehr.
Letztlich erinnert er sich an unseren Mailverkehr und schaut nach. Ja, bestellt hat er den Spiegel. Er sei unterwegs. Zu unserer Freude wird der Einbau auch ohne Termin kein großes Problem sein, so die Auskunft. Leider können wir ja nicht sagen, wann wir unseren Amgio zurück erhalten.

Warten in Darwin

Irgendwie fühlt sich Darwin für mich nicht wie Australien an. Ich weiß, dass das Quatsch ist. Aber für mich ist Darwin die Stadt, in der wir unseren Amigo in Empfang nehmen und von der aus wir durch Australien starten. Nur wann wird das sein?

Niemand von uns weiß, für wie lange wir unsere Unterkunft buchen müssen. Letztlich ist nicht klar, wann wir den erhofften Termin für die Quarantäne erhalten.

Schlechte Nachrichten

Da wir von unserem Veranstalter aus Deutschland keine Nachrichten diesbezüglich erhalten, fragen einzelne TeilnehmerInnen beim Spediteur direkt nach. Zu unserem Entsetzen lautet die Antwort am 12. September: „Bislang ist nichts unternommen worden, da die Carnets noch nicht vorliegen.“ Uns hatte man eindringlich darauf hingewiesen, dass diejenigen, die es selber mit nach Darwin nehmen möchten, dies einen Tag vor Ankunft des Schiffs abzugeben haben. Das wäre der 03./04. September gewesen.

Wir ziehen um…

Somit ist klar, dass wir nun mindestens eine weitere Woche auf die Fahrzeuge warten müssen. Wir buchen ein Airbnb, in dem wir kochen und auch waschen können. Wir finden eines in bester Lage an einem Sunsetpoint. Unser Zimmer hat eine gute Größe und verfügt sogar über eine Sitzecke. Wir haben eine kleine Terrasse für uns auf der Gartenseite, wo sich auch ein Pool befindet. 

In der riesigen Villa mit großer Gemeinschaftsküche und Außenterasse zur Meerseite, leben neben unseren Gastgebern Nadene und Peter noch Lizz und Conner aus Großbritannien. Nicht zu vergessen die Pudeldame Florence, die sich im Laufe der Zeit mehr und mehr mit uns anfreundet.

Wir fühlen uns hier sehr gut aufgehoben, irgendwie wie in einer Wohngemeinschaft. Wir treffen uns alle regelmäßig in der Küche oder laufen uns im Außengelände über den Weg, wechseln ein paar Worte und erfahren immer mehr voneinander. Wenn wir abends nach Hause kommen, bekommen wir regelmäßig die Frage gestellt, was es Neues von unserem Amigo gibt. Leider müssen wir regelmäßig antworten, dass wir dies auch gern wüssten.

Immer wieder freitags

Da nun fast alle Teilnehmenden in Darwin sind und auf die Wohnmobile warten, treffen wir uns freitags zum gemeinsamen Essen in der Stadtmitte. Wir verabreden, dies in regelmäßigen Abständen auch weiterhin zu tun und uns gegenseitig auf dem Laufenden zu halten. Es ist schön, alle wieder zu sehen. 

Wir hoffen jedoch, dass wir uns nicht mehr zu viele Freitage in dieser Zusammensetzung sehen „müssen“.

Was tun?

Tagelang erkunden wir alle Baumärkte und Outdoorläden auf der Suche nach Dingen, die wir benötigen, wie Kokosklötze für unsere Trockentrenntoilette etc., ersetzen gestohlene Gegenstände wie Stirnlampen, usw. 

Wir fahren mit allen möglichen Linienbussen umher und lernen die Stadt immer besser kennen.

Auch Stephen, unseren ersten Gastgeber, auf der Durchreise nach Neuseeland, besuchen wir an einem Abend. 

Ansonsten kochen wir fast täglich. Die Kosten für die Wartetage sind ohnehin schon sehr hoch. Die Preise hier sind deutlich höher, als zuletzt bei uns in Deutschland. 

Auf Nachfrage dürfen wir einige TeilnehmerInnen zu uns einladen – auch zum Essen. So sitzen wir häufiger in geselligen Runden auf einer der Terrassen und sehen beim Essen der untergehenden Sonne zu.

Dann kommt Bewegung ins Spiel

Wir bekommen die Nachricht, dass alle Fahrzeuge durch den Zoll sind. Acht von zwölf Fahrzeugen haben zudem eine Q Nummer, die Voraussetzung, um einen Termin für die Quarantäne zu erhalten. Wir sind leider nicht dabei.

Zwei Tage warten wir auf Nachrichten, bevor ich das Logistikunternehmen selber anschreibe. Wenn ich die Frage erst nach Deutschland zum Veranstalter schicke, kommt es aufgrund der Zeitverschiebung bei Rückfragen zu enormen Zeitverzögerungen.

Ich erhalte die Antwort, dass wir am nächsten Montag unseren Termin haben, die Uhrzeit aber noch nicht feststehe.

Daraufhin buche ich gleich alle notwendigen Inspektionstermine und fahre mit Manfred zur Zulassungsstelle, um uns zu registrieren. Das alles ist nicht so ganz einfach, letztlich fast filmreif. Aber schließlich haben wir nun eine Customer Nummer, von der wir nicht wissen, ob es vorteilhaft ist, diese schon zu haben oder nicht. 

Rechnungen und Absprachen

Parallel erreichen uns Rechnungen aus Dili und Informationen über den Veranstalter aus Deutschland. Wir sind überrascht, dass wir mehr bezahlen sollen, als verabredet wurde und äußern dies. Außerdem tun wir unseren Unmut über die verspätete Ankunft der Carnets kund. Erst auf Druck der Gruppe per Kurznachrichten werden Versäumnisse eingeräumt. Es wird versprochen, sich zu kümmern. Alle sind ziemlich genervt und unzufrieden, wie die Dinge hier in Australien laufen. Eine gefühlte Ewigkeit später wird uns ein Kompromiss angeboten, die noch ausstehenden Kosten in Dili zu übernehmen – wohl auch, weil die ersten geschrieben haben, dass sie ohnehin nicht zahlen werden.

Inspektion durch die Biobehörde

Sonntags erreicht uns die Info, dass unser Termin am Montag um 12.15 Uhr ist. Wir sollen zehn Minuten vor dem Termin mit festen Schuhen erscheinen.

Wir sind überpünktlich, nicht jedoch die Inspektorin. Sie kommt mit einer Stunde Verspätung und bittet uns, mit ihr in die Halle zu kommen. Dort wartet der Amigo und sieht ziemlich dreckig aus, nach fünf Wochen draußen und auf See.

Die Inspektion im Wohnmobil verläuft unspektakulär. Die Prüferin ist überrascht über den guten Zustand des Innenraums und lässt sich alle Schubladen und Schränke zeigen. Unsere deklarierten Sachen können wir behalten. Lediglich von dem Innenleben eines Yogakissens müssen wir uns trennen.

Auch unsere „Garage“ ist schnell durchgesehen. Sie schaut sich alles in Ruhe an. Dann bittet sie Manfred, die Sandbleche und das Reserverad abzubauen. Auch die sind in Ordnung. Zur Vorsicht wird der Ersatzreifen mit Insektenspray besprüht, um sicher zu gehen, dass dort keine Viecher nisten. Zu sehen war nichts.

Im Motorraum lässt sie sich die Filter zeigen, auch den Motorfilter müssen wir ausbauchen. Beide sind völlig neu und ungebraucht. In der untersten Ecke des Motorraums findet die Prüferin eine Tannennadel, die sie entsorgt. Da sie keine Batterie sieht, möchte sie wissen, wo diese ist. So befreien wir im Fußraum auf der Fahrerseite das Batteriefach von den zwei darüber liegenden zum Teil verschraubten Matten. Die Frage, ob wir die Starterbatterie im Zuge des Putzens ausgebaut haben, verblüfft uns. Das sei nicht so einfach und hätte Auswirkungen auf die Elektrik, erklären wir ihr. Sie gibt sich zufrieden, da Fußraum und Batteriefach pingelig geputzt sind.

Dann verschwindet sie zehn Minuten unter dem Auto und stellt mir Fragen, die ich schon im Deutschen nicht verstanden hätte. Ich habe keine Ahnung von den englischen Begriffen. Ich schaue jeweils mit unter das Auto und erkläre ihr, wie die Dinge gesäubert wurden. Schließlich stand ich mit in der Grube bei den Waschstraßenterminen. Sie löst diverse Gummideckel und Kunststoffkappen und ist verblüfft, dass es überall sauber ist. 

Ich bin zwischenzeitlich völlig entspannt und platziere schon meine mitgebrachten Dinge in der Beifahrertüre, als die Bitte geäußert wird, die Kühlerverkleidung abzubauen. Das finde ich komisch, da der Veranstalter erklärt hatte, es hätte in den Jahren davor noch nie etwas abgeschraubt werden müssen.

Ich bleibe dennoch relaxt, denn genau das haben wir beim letzten Termin in der Waschstraße in Dili gemacht und der gesamte Bereich wurde mit dem Hochdruckreiniger gründlich gesäubert.

Die Frage, ob wir die Kühlerventilatoren beim Säubern ausgebaut haben, irritiert mich. Nein, haben wir nicht, ist meine Antwort. Ob wir dies mal eben machen könnten, will sie wissen. Nein, wir haben keine Idee, wie das geht. Dann fragt sie zu meiner Überraschung, ob denn kein Mechaniker dabei sei? Dies sei doch eine Gruppenreise. Wir erklären, dass dieser schon zurück in Deutschland sei. Sie ist verblüfft – ich bin es auch. In diesem Moment habe ich eine Ahnung, dass die Inspektionen früher wohl unter Beteiligung des Veranstalters abgelaufen sind.

Die Brücke, die sie uns baut, können wir nicht gehen. Ich bin verwirrt und enttäuscht und fühle mich alleine und im Stich gelassen. Uns fehlen die kreativen Ideen. Eine Minute später bekommen wir zu hören, dass wir durchgefallen sind, weil in einer kleinen Öffnung am Kühlergrill Reste von zwei bis drei Insekten zu sehnen sind. Es ist noch nicht mal auszumachen, ob es sich um Fliegen oder Moskitos handelt. 

Ich bin fassungslos. Alles war sauber und nun das. Die müssen sich auf dem Weg zum Hafen eingeschlichen haben. 

Erst kommen Wut und Enttäuschung , dann die Trauer

Wütend und enttäuscht fahren wir mit einem Uber nach Hause zurück. Wir können es nicht fassen und sind völlig kraftlos. Ein paar Freunde melden sich und wollen uns treffen. Wir laden zu uns auf die Terrasse ein, verbringen einen schönen langen Abend zusammen. Gut, dass wir nicht im eigenen Saft schmoren mussten.

Am nächsten Tag laufen bei mir die Tränen. Ich kann immer noch nicht fassen, was passiert ist und frage mich, warum ausgerechnet wir?

Eine Woche voller Inspektionen

Nach und nach werden alle Fahrzeuge geprüft. Die anderen Prüfer schauen zum Teil nicht so genau hin und begutachten bis zu vier Fahrzeuge in viel kürzerer Zeit als bei uns. Wir hatten alle so ziemlich genau den selben Putzstand, was die Karosserie anbelangt. Alle waren dreimal in der Waschstraße. Mit uns fällt noch ein weiteres Fahrzeug durch.

Unsere Wohnmobile werden auf dem Flatrack mit einem Tieflader zurück zum Hafen gebracht und dort auf unsere Kosten zur Wäsche angemeldet. Auf Nachfrage am Ende der Woche, sowie zu Beginn der darauffolgenden Woche, erhalten wir die Antwort, dass der Amgio noch nicht gewaschen ist. Wir sind frustriert. Von sich aus meldet sich niemand bei uns mit Zwischennachrichten. Von der Reiseleitung haben wir schon seit Wochen nichts mehr gehört, gleichwohl jede Nachricht mitgelesen wird. Lediglich der Tourdirektor schreibt uns am Tag der nicht bestandenen Inspektion einen Zweizeiler. Was genau passiert ist, wie die Inspektion abgelaufen ist, etc., das alles will niemand vom Veranstalter wissen.

Es ist frustrierend, da eigentlich alles über den Veranstalter in Deutschland laufen soll. Erst haben sie sich aus der Verantwortung gestohlen hier vor Ort zu sein, und nun scheint sich niemand mehr für uns zu interessieren.

Eine Woche folgt der anderen

Eins ums andere Mal verlängern wir unseren Aufenthalt im Airbnb. Mir ist schon die Lust vergangen, überhaupt noch etwas  in Darwin anzuschauen. Ich erfreue mich an den Treffen mit den anderen Gruppenteilnehmern, die sich nach und nach aus Darwin verabschieden. Aber irgendwie ist immer noch jemand hier, den man treffen kann.

Auch ich will einfach nur noch los. Unsere zwischenzeitlich sehr ambitionierten Reisepläne in Australien können wir nur noch umsetzen, wenn wir spätestens bis zum 08. Oktober starten und auch dann darf nichts Unvorhersehbares mehr passieren.

Zwischenzeitlich habe ich bei Nachfragen das Gefühl, alle nur noch zu nerven und zu stören. Die Mitarbeiterin hier in Darwin hat eigentlich Urlaub und die Reisebegleiterin in Deutschland, die die Mails zwischen mir und dem Unternehmen vor Ort hin und her schiebt, hat zwischenzeitlich einen neuen Job. 

Ich stelle klar, dass wir immer noch Teilnehmer sind, es sich aber überhaupt nicht mehr so anfühlt. Prompt bekommen wir eine Worthülsennachricht des deutschen Tourdirektors, unser Einsatz und unser Durchhaltevermögen seien beeindruckend… Bla, bla bla, würde man dazu in Indien und Asien sagen.

Eine weitere Hoffnung stirbt

Schließlich erfahren wir, dass der Amigo nun gewaschen ist und eine kleine Chance besteht, dass wir zum Ende der Woche loskommen. Immerhin eine Chance – unsere Hoffnung keimt auf. Wir benötigen NUR noch einen neuen Quarantänetermin. Leider bekommen wir ihn nicht und werden ein weiteres WE in Darwin verbringen, während nun auch die letzten die Stadt verlassen.

In der Falle

Ich komme mir vor, als würde ich in der Falle sitzen. Ich kann nichts machen, muss mich irgendwie bereit halten, falls etwas passiert und bekomme nicht mit, ob sich jemand für mich einsetzt oder alle nur tätig werden, wenn ich nachfrage. Und das mache ich zwischenzeitlich alle zwei Tage.

Allmählich bekomme ich eine Idee, wie es Menschen gehen muss, die den Behörden ausgeliefert sind und keinerlei Einfluss haben. Es ist ein so mieses Gefühl.

Zwischenzeitlich hätten wir vier weitere Woche in Neuseeland verbringen können, hätten ziemlich genau die gleichen Ausgaben gehabt und zudem viel Spaß. So fehlt jegliche Reisefreude. 

Montag,  09.10.2023?

Dann bekommen wir eine Mail, dass ein Quarantänetermin für den 12.10. vorgesehen ist, der aber wohl getauscht werden konnte. Wahrscheinlich wird der Amigo somit am 09.10. abholbereit sein. Sie melden sich. Wir werden sehen!

Eure Saradevi
Darwin, 06.10.2023

PS: Damit keine Missverständnisse aufkommen. Wir schreiben nicht über den Reiseveranstalter Seabridge, wie einige wohl angenommen haben. Mit Seabridge haben wir 2019/2020 nach Canada/ aus der USA verschifft und waren sehr zufrieden. Eine geführte Tour haben wir mit Seabridge noch nicht unternommen.

Unsere Reise nach Darwin, Australien, im September & Oktober 2023

Wir freuen uns auf den Austausch mit dir...

Dieser Beitrag hat 2 Kommentare

  1. Ute

    Hallo liebe Sabine,
    das klingt wie eine Geschichte von Kafka.
    Schrecklich.
    Hoffe, ihr bekommt am Montag endlich euer Auto!
    Herzlich

    Ute

    1. saradevi

      Liebe Ute,
      Danke für dein Mitgefühl. Hier ist es 11.30 Uhr am Montag und es hat sich noch nichts getan. Ich bin im Gegensatz zum Manfred aber ganz zuversichtlich. In der Hoffnung, dass es euch gut geht sende ich die besten Wünsche in die Heimat. Alles Liebe Sabine