Wir rollen von der Fähre und ich denke: Ja, so habe ich mir Indonesien vorgestellt. Eine schöne Küstenstraße, wenig Verkehr, ein bezaubernder Blick auf eine hügelige Landschaft. Ich bin nach all den Wochen in Indonesien verblüfft, dass wir uns auf einmal im Indonesien meiner Vorstellung befinden. Es ist also keine Illusion.
Sumbawa
– oder “Willkommen im Paradies?”
Sumbawa entpuppt sich tatsächlich als kleines Paradies. Es ist touristisch noch nicht sehr erschlossen. Von daher würden einige sicher nicht vom Paradies sprechen – Komfort und Paradies sind nicht unbedingt kompatibel.
Wir fahren auf einem Fischerboot zum Schnorcheln zur benachbarten Insel Moyo. Sitzplätze hat das Boot nicht. Auch keine Treppe ins Wasser. So verbringen wir den Tag auf dem Boden sitzend – das ist nicht jedermanns Sache – ich finde es nicht störend. Die Treppe, die zum Oberdeck führt, wird kurzerhand abgebaut und während der Zeit des Schnorchels mit Tauen als Außentreppe befestigt. Man muss sich nur zu helfen wissen.
Das Schnorcheln ist für mich jedesmal ein besonderes Erlebnis, ein Eintauchen in eine mir fremde Welt voller Farben und kleiner Wunder. Hier in Indonesien gibt es überall noch Riffs, die mehr oder weniger intakt sind. Sie zu erkunden, erlebe ich als Privileg.
Beim Rundgang über die Insel im Dorf Labuan Aji blicke ich in viele offene und freundliche Gesichter. Die Menschen leben auch hier in ärmlichen Verhältnissen. Die Häuser sind mehr oder weniger selbst gebaut. Man sieht, dass die Menschen hier alles verwerten und sehr kreativ mit dem umgehen, was sie vorfinden und besitzen. Es ist sicher sehr aufwendig, hier irgendwelche Güter hinzuschaffen. Seit langem habe ich höchstens mal Schreiner gesehen. Möbelgeschäfte und ähnliches gibt es eher selten.
Von daher wird Vieles selbst gebaut und in Ehren gehalten. Zwischenzeitlich bin ich so weit weg von unserer Wegwerfgesellschaft und hoffe, dass sich in den sich verändernden Zeiten auch in unserem Bewusstsein etwas ändert.
Das neue Normal
Von zuhause bekomme ich immer wieder gesagt, dass dies eine so andere Welt ist. Ja, dass ist sie und für mich ist sie schon so vertraut nach all den Monaten, dass ich sie aktuell für mich als das neue Normal empfinde. Eine Erfahrung, die ich nicht missen möchte. Es ist interessant, was passiert, wenn man nicht alles kaufen kann, was man gerade benötigt, sich beschränken und mit dem vorlieb nehmen muss, was da ist.
Bei mir regt es jedenfalls den Erfindergeist an. Ich werde aktiv und suche nach Alternativen, werde kreativ und probiere neue Sachen aus. Es wäre schön, wenn ich das kultivieren könnte.
Wasserbüffelrennen
Das Wasserbüffelrennen, auch Barapan Kebo genannt, geht auf eine Tradition der Samawa-Stämme zurück. Die Wasserbüffel, die hier starten, werden eigens für die Rennen gezüchtet und gehalten. Rennen werden regelmäßig – auch ohne Touristen – auf den Reisfeldern anlässlich der bevorstehenden Bepflangzung veranstaltet.
Meine anfängliche Skepsis, dass dieses Rennen eine nur für uns dargebotene Touristenattraktion ist, verflüchtigt sich etwas, als nach und nach immer mehr Teilnehmer mit ihren Büffeln an den Start gehen und sich interessante Rennen liefern. Zunehmend kommen auch immer mehr Zuschauer, die ihre Favoriten anfeuern. Als es richtig voll ist und die Stimmung gut ist, bin auch ich begeistert.
Die Teilnehmer stehen mit ihren Füßen auf einem hölzernen Gestell und müssen gut ausbalanciert die Büffel dazu bringen, die Distanz so schnell wie möglich zurückzulegen und gleichzeitig eine Art Schwert, dass am Zielpunkt in der Erde steckt, mit dem Gestell umzuhauen. Dabei werden sie von jeweils zwei Büffeln gezogen. Es ist interessant zu beobachten, dass einige, darunter auch zwei Frauen, das gut durch Geschick und Körperbeherrschung hinbekommen, während andere ungeschickt sind, auf die Tiere eindreschen und das Versagen auf diese schieben.
Wir sind eingeladen, ebenfalls teilzunehmen. Vor zwanzig Jahren wäre ich sicher auch dabei gewesen. Jetzt bin ich eher ängstlich und traue mir das nicht zu. Einige aus dem Leitungsteam nehmen teil, mit sehr unterschiedlichem Erfolg, aber jeder Menge Spaß.
Am Ende des Rennens gibt es eine Siegerehrung in den verschiedenen Kategorien. Wir dürfen die Preise überreichen, z.B. Decken, Shirts und ähnliches.
Schwimmen mit Walhaien
Wie so oft in den letzten Wochen, starten wir weit vor Sonnenaufgang. Um vier Uhr sitze ich in einem der zwei kleinen Boote auf dem Boden – Sitzplätze im eigentlichen Sinne gibt es auch hier nicht. Wir fahren über eine Stunde durch die Dunkelheit auf die andere Seite der Bucht.
Die Walhaie suchen hier täglich die Fischerboote auf und freuen sich beim Einholen der Netze über die kleinen Fische, die für sie abfallen. Auch wenn Walhaie zu den größten Fischen der Welt zählen, fressen sie nur kleine Fische und sind für Menschen im Prinzip ungefährlich.
Unser Guide hat mir am Vortag erklärt, dass das Schnorcheln mit Walhaien ganz neu im Programm sei. Auf Borneo habe man gute Erfahrungen damit gemacht und biete es nun auch hier an.
Im Reiseführer lese ich, dass man Anbieter meiden soll, die die Walhaie anfüttern. Ich fahre mit, nicht wissend, was für ein Anbieter unserer nun ist.
Vor Sonnenaufgang erreichen wir das Fischerboot. Während die Netze eingeholt werden, treffen die ersten Walhaie ein. Zunächst sind sie in der Dunkelheit nur zu erahnen. Erst nach Sonnenaufgang werden sie dann deutlich erkennbar. Ich bin fasziniert. Noch nie habe ich so große Fische aus dieser Nähe beobachtet.
Die Fischer haben Eimer mit kleinen Fischen vorbereitet, die sie eine Stunde lange verfüttern, um die Haie für uns in der Nähe zu halten. Wir sind eingeladen, zu schnorcheln. Ich entscheide mich nach einiger Zeit auch dazu.
Als eine der letzten auf unserem Boot, lasse ich mich von der Treppe ins Wasser gleiten, setze meine Brille auf und tauche unter Wasser. Vor mir sind die anderen, die zwei Haien beim Fressen zuschauen. Ich drehe mich zur Seite und werde überrascht. Ein Walhai gleitet unter unserem Boot hindurch auf mich zu und schwimmt dann in vielleicht einen Meter an mir vorbei. Ich halte den Atem an und bin wie erstarrt. Der Walhai ist vielleicht dreimal größer als ich und für mich ist es immer noch ungewohnt, Meerestiere aus dem Wasser heraus zu beobachten. Viel Schnorchelerfahrung habe ich zudem noch nicht. Da es unter Wasser geräuschlos zugeht, werde ich noch ein zweites Mal von einem Walhai überrascht. Dieser schleicht sich von hinten an und schwimmt dann seitlich an mir vorbei. Für mich ist es ein atemberaubendes Erlebnis im wahrsten Sinne des Wortes. Mir wird mal wieder kalt. Ich gehe zurück an Deck und beobachte die Szene von oben weiter.
Diese Bootstour ist eines der Highlights in Indonesien für mich, keine Frage. Die Frage, ob die Walhaie angefüttert wurden, ist mit einem klaren Jain zu beantworten.
Auf dem Weg gen Osten
Auf unserem Weg in den Osten Sumbawas zum Hafen, durchqueren wir die Insel, die hier noch so gänzlich unberührt vom Tourismus zu sein scheint. Sumbawa ist erstaunlich wenig besiedelt und gefällt uns ganz gut.
In den Dörfern und kleinen Städten halten wir immer wieder an. Ich möchte mir eine Schwimmshort kaufen, werde aber nirgends fündig. In den meisten Läden finden die Verkäuferinnen mein Anliegen irritierend. Andere erklären mir, dass es aussichtslos ist, eine solche Hose zu finden.
Ich werde mich wohl nie daran gewöhnen können, dass Menschen in Südostasien so gut wie nicht schwimmen gehen und es in untouritischen Gegenden kaum Badebekleidung – und schon gar nicht für Frauen – gibt. Hier, wo das Wasser so warm ist, dass selbst ich gerne schwimmen gehe, hätte ich das nicht vermutet.
Auf unserem Weg beobachten wir an verschiedenen Stellen die Salzgewinnung und sind fasziniert von den Fischständen am Straßenrand. Hier liegen die Fische einfach dicht nebeneinander auf den Tischen und schillern uns schon von weitem entgegen.
Flores
Nach einer Nacht am Hafen im Osten der Insel, geht es am späten Vormittag weiter Richtung. Flores. Wir sind etliche Stunden unterwegs, durchfahren das Zentrum des Archipels, vorbei an Rinca, Komodo und Padar sowie zahlreichen kleinen Inseln vulkanischen Ursprunges, die wir tags darauf besuchen werden.
Malerische Buchten
Mit einem Boot sind wir bereits zum Sonnenaufgang unterwegs zur Insel Padar, auf der wir die verschieden farbenen Sandstrände nach einer kurzen Wanderung von oben bestaunen. Da oben zu stehen ist für mich etwas Besonderes. In Vorbereitung auf die Reise hatte mich dieser Anblick auf mehrere Buchten gleichzeitig bereits in seinen Bann gezogen.
Dracheninsel
Im Komodo Nationalpark haben wir das Glück, einige Komodowarane aus nächster Nähe zu sehen. Sie sind die eigentlichen Bewohner dieser Insel. Gleich vier Ranger begleiten unsere Gruppe, bewaffnet mit Bambusstöcken. Die Warane werden nicht angefüttert und es ist wohl nicht immer so, dass welche zu sehen sind.
Überall wird davor gewarnt, nicht ohne Ranger durch den Park zu laufen. Es ist vor langer Zeit wohl schon vorgekommen, dass unerfahrene Menschen von den Drachentieren getötet wurden.
Das wirkt auf mich irreal, gerade zu so, als wäre ich in einem Fantasyfilm.
Manta Manta
Wir fahren weiter zum Mantapoint, um zu schnorcheln und mit großer Wahrscheinlichkeit Mantarochen zu begegnen. Ich habe leider kein Glück. Meine Schwimmweste stößt immer wieder gegen den Schnorchel, so dass er sich löst, als ich die Brille kurz absetze und im Meer versinkt. Ich habe gedacht, dass er eine Zeit an der Oberfläche schwimmen würde. Ich bin traurig und habe ein schlechtes Gewissen, das Meer nun auch noch mit meinem „Kunststoff“ belastet zu haben. Das Schnorcheln ohne Schnorchel, sprich nur mit Brille, macht mir keinen Spaß mehr und ich beginne zu frieren. Es ist schon auffallend, dass ich meist bei den ersten bin, die wieder an Bord gehen. Ich friere viel schneller als alle anderen.
So schaue ich mir die Mantarochen vom Schiff aus an, wie sie immer wieder knapp unter der Wasseroberfläche an uns vorbei tauchen. Es sieht majestätisch aus, wie sie einfach daher gleiten. Sofort kommt mir das Bild, wie ich erstmals in meinem Leben Stand Up Paddeling ausprobiere und ein riesiger Rochen unter mir durchs Wasser gleitet.
Unter Clowns
Zum Abschluss dieses schönen Tags suchen wir mit dem Boot noch die kleine Insel Kanawa auf, die umgeben ist von Korallenriffen. Hier haben wir noch einmal die Möglichkeit zu Schnorcheln. Manfred geht Schwimmen. Er kann ja leider mit einer normalen Taucherbrille nichts sehen.
Hier ist das Wasser etwas wärmer und ich schnorchle gemütlich entlang der schönen Korallenriffe. Auf einmal traue ich meinen Augen nicht. Aus einer Anemone kommt ein Clownfisch geschwommen. Ich kann mein Glück kaum fassen. Nach einiger Zeit stellt sich heraus, dass dort eine Familie mit zwei kleinen Clownfischen wohnt. Ich bleibe an der Stelle und hoffe, dass die Eltern sich von mir nicht zu sehr bedroht fühlen. Anfangs sind sie etwas aufgeregt, doch dann dürfen die Kleinen ein wenig „vor der Türe“ schwimmen. Ich bin schockverliebt in diesen Anblick und kehre auf meiner Tour noch mehrfach zu dieser bewohnten Anemone zurück. Das versöhnt mich für den verlorenen Schnorchel und die verpassten Mantarochen.
Unterwegs im Süden von Flores
Unser Weg führt uns weiter in den Süden von Flores. Hier geht es weniger touristisch zu. Wir übernachten am Meer in einem Dorf, in dem wir die ersten westlichen Touristen sein sollen.
Wir werden umlagert von vielen Kindern, aber auch interessierten Erwachsenen, die sofort mit uns ins Gespräch kommen. Mit Manfred sucht der Englischlehrer des Dorfes das Gespräch. Er will alles über unsere Tour erfahren. Spontan tritt dann noch eine Gruppe von Kindern auf, die uns mit einem Tanz begrüßen.
Die Menschen hier sind enttäuscht, dass sie keine Unterstützung seitens der Regierung erhalten, den Tourismus auch hier anzukurbeln. Hier gäbe es die schöneren Strände. Das kann ich nicht beurteilen. Der an unserem Stellplatz ist eher steinig und wenig einladend. Aber er ist sicher auch nicht repräsentativ.
Es kommt, wie es kommt
Die Straßen in Indonesien sind sehr eng. Unsere großen Fahrzeuge passen häufig gar nicht auf eine Fahrbahn. Ausweichen ist auch nicht immer so einfach, wenn direkt neben der Fahrbahn der Abhang beginnt oder sich ein kleiner Krater auftut.
Als Beifahrerin halte ich über Tag immer mal wieder den Atem an und zucke zusammen, wenn wir anderen Fahrzeugen in der Kurve begegnen und es sehr knapp wird. Ich habe ein gutes Gespür dafür entwickelt, wann ich mir selbst Entwarnung geben kann.
In einer Kurve kommen uns ein Transporter gefolgt von einem LKW entgegen. Ich halte intuitiv den Atem an und bin sicher, dass wir es geschafft haben, als es neben mir extrem laut knallt und kurz drauf der Amigo noch einmal nach einem erneuten Knall ein wenig wackelt. Darauf war ich nicht vorbereitet. Wir halten an, die anderen beiden auch. Unser Spiegel liegt kaputt auf der Fahrbahn.
Der LKW hat es eilig, fährt los und trotz meiner Warnung direkt über unseren Spiegel. Der ist nun komplett kaputt. Ich bin geschockt und jetzt auch noch wütend. Einige Teilnehmer hatten ihre Spiegel nach solchen Zusammenstößen eingesammelt und notdürftig wieder in Stand gesetzt.
Bambus ist stabil
Nach und nach klettern Leute vom Transporter. Ich zähle weit über zwanzig Personen – es ist ein typischer Anblick in Südostasien: Menschen, die auf einem Transporter unterwegs sind. Englisch spricht niemand. Am Transporter selbst ist kein Schaden auszumachen. Der Tathergang lässt sich nicht klären.
Da wir davon ausgehen, dass sich auch polizeilich nichts klären lässt, entscheiden wir uns weiterzufahren. Zudem haben wir gehört, dass solche Verfahren sehr aufwendig und langwierig sind.
Auf der Fahrt zum Stellplatz versuchen wir zu ergründen, wie es zum Crash kommen konnte. Manfred ist wie immer auf seiner Spur gefahren und eigentlich war der Transporter mit seinem Spiegel schon vorbei.
Am Stellplatz angekommen fragt jemand, ob wir denn keine Dashcam haben. Die hatten wir völlig vergessen. Wir haben sie seit Indien im Einsatz, ohne uns jemals einen Film angesehen zu haben. Ich suche die Stelle heraus. Dank des Filmes sind wir uns sicher, dass der Transporter uns mit einer auf beiden Seiten quer aus dem Fahrzeug herausragenden Bambusstange getroffen hat – die hatten wir gar nicht so wahrgenommen. Auf dem Film ist sie aber deutlich sichtbar. Dies erklärt auch, warum wir vorne und hinten keinerlei Schäden am Transporter wahrgenommen haben und eigentlich überzeugt waren, dass genug Platz zwischen den Fahrzeugen war. In Deutschland würden solche Stangen sofort geahndet. Hier in Indonesien sind Fahrzeuge aller Art sehr abenteuerlich bepackt. Ich habe viele Fotos davon gemacht, weil sie so besonders aussehen. Dass sie uns jedoch zum Verhängnis werden würden, damit hatten wir nicht mehr gerechnet.
Einerseits ist zum Glück nicht mehr passiert. Immerhin hatte ich das Fenster offen und möchte mir nicht ausmalen, was passiert wäre, wenn die Stange zehn Zentimeter länger gewesen wäre. Andererseits ist das super ärgerlich und jetzt sehr aufwendig. Ersatz zu schaffen ist auf unserer Strecke erst mal nicht möglich und von hier aus alles mit der Versicherung zu klären auch nicht so einfach.
Irgendwas geht immer
Armin hat eine Lösung für uns. Er hat einen Ersatzspiegel für solche Fälle dabei, den wir mit einem Saugnapf an der Beifahrertüre befestigen können. So können wir zumindest die nächsten Tage überbrücken, bis wir ein eigenes Provisorium haben. Gott sein Dank!
Auf dem Dorf
Noch ganz benommen besuchen wir die Dörfer Luba und Bena. Hier wird die Megalithkultur gelebt, gleichwohl die meisten Menschen auf Flores katholisch sind. Animistische Rituale und Ahnenkult sind dort bis heute Bestandteil des täglichen Lebens. Die Dörfer liegen zwischen zwei Vulkanen, sind gebaut in alter, traditioneller Weise und wirken wie bewohnte Freilichtmuseen.
Die Menschen leben hier wohl überwiegend vom Tourismus. Viele Frauen gehen der Webkunst nach und bieten ihre Produkte vor ihren Häusern an.
Heiß und kalt
Auf dem Rückweg baden wir in heißen Quellen am Wegesrand, wo zwei Flüsse – einer warm, einer kalt – zusammenfließen. Alle finden ein Plätzchen mit persönlicher Wohlfühltemperatur im mit Steinen durchzogenen Flussbett. Das Bad ist herrlich und nach so einem Tag mit Unfall und Programm entspannend.
Vuklan im Rückspiegel
Tags drauf, am Fuße des aktiven Vulkans Kelimutu im Dorf Moni, ist das Internet so stabil, dass wir uns mit der Versicherung austauschen und alles bezüglich des Unfalls auf den Weg bringen. Die nächste Mercedes Werkstatt befindet sich in Darwin. Dort kann der Spiegel – wenn alles gut klappt – ausgetauscht werden.
Während wir zum Sonnenaufgang mit Jeeps bis zum Kraterrand fahren, bekommen wir das Okay von der Versicherung aus Deutschland.
Wir beobachten die über den Kraterseen aufgehende Sonne in einer Art Mondlandschaft. Dem Glauben der Einheimischen nach, ist hier oben der Schlupfwinkel der Geister.
Von Göttern
Von Maumere, im Nordosten von Flores gelegen, besuchen wir zwei weitere Dörfer, in denen wir jeweils mit traditionellen Tänzen begrüßt werden. Auch hier wird das Webhandwerk gepflegt. Die Menschen tragen an Festtagen gewebte Kleidung mit traditionellen Mustern. Die Farben stellen sie aus Pflanzenextrakten selber her, wie auch die Baumwolle, die sie selber verspinnen. Die Produktion ist traditionell (Ikat-Weberei) und ökologisch. Die Herstellung der Farben erinnert mich an den Färbergarten in Dinslaken.
Am Rande eines der Dörfer befindet sich die Sikkakirche . Der Pfarrer erzählt uns voller Freude die Entstehungsgeschichte, der von Holländern gebauten Kirche. Wie ich unseren Guides hinterher zuhöre, haben die Einheimischen es hier geschafft, den katholischen Glauben anzunehmen und gleichzeitig weiterhin andere Götter zu verehren. Das nenne ich gelungene Integration. Wer weiß schon, wie viele Götter es wirklich gibt…?
Westtimor
Westtimor erreichen wir nach einer langen Überfahrt in der Nacht. Wir rollen von Bord, stellen den Amigo auf einem Hafenparkplatz ab und schlafen weiter.
Boxenstopp
Der Tag ist zur freien Verfügung und Kupang eine größere Stadt. Also nutzen wir die Zeit für einen Boxenstopp und lassen die Bremsbeläge wechseln, die wir von Zuhause mitgenommen haben. Wir können dem Mitarbeiter, der die Bremsen im Anschluss testet, die Erleichterung richtig ansehen, als er den Amigo wieder an der Werkstatt abstellt. Das Lenkrad auf der anderen Seite zu haben, das ist sicher auch für ihn eine Herausforderung gewesen.
Auch einen neuen Spiegel finden wir – allerdings erst im sechsten Geschäft. Wer suchet, der findet – wenn es auch ein sehr mühsames Geschäft ist und Zeit und Nerven gekostet hat.
Geht doch!
Am freien Tag hilft uns Felix bei der Montage des Spiegels und macht auch unser Seitenfenster wieder gängig. Das hatte sich nach dem Unfall nicht mehr so leicht bewegen lassen.
Seit der Einreise nach Indonesien hatten wir zudem ein Elektrikproblem, das sich immer weiter ausbreitete. Im Cockpit funktionierten immer mehr Dinge nicht. Licht im Handschuhfach, Sitzheizung und Radio haben wir als nicht so wesentlich empfunden. Aber dann ging der Warnblinker irgendwann nicht mehr, gleichwohl beim Schließen des Fahrzeugs alle vier Lampen kurz aufleuchteten. Alle Versuche, das Problem in den Griff zu bekommen, sind gescheitert. Das hat mich schon sehr belastet und ohnmächtig fühlen lassen, mangels einer Werksstatt, die unser Fahrzeug kennt.
Ich sah uns schon durch den australischen TÜV fallen, der ja NUR MAL EBEN KURZ alle wesentlichen Funktionen testet.
Die Zündende Idee kam aus der Heimat. Der Mitarbeiter unserer Mercedes Werkstatt meinte, wir sollen eine bestimmte Steckverbindung hinter der Radioabdeckung kontrollieren, die letztlich all diese Funktionen steuert. Was soll ich sagen, telefonieren zahlt sich aus. Genau dieser Stecker hatte sich gelöst. Bis auf das Radio funktioniert alles wieder. Der australische TÜV kann kommen.
Wind of Change
Unser letzter Ausflug steht auf dem Programm. Irgendwie ist gerade Vieles zum letzten Mal…
Heute schauen wir einem Mann zu, wie er ohne Sicherung die Palme hochklettert, um den Saft der Frucht zu gewinnen. Er kommt mit einem vollen Kanister wieder runter, den er nach Hause bringt. Seine Frau dickt den Saft über der Feuerstelle ein, gießt ihn in Formen und lässt ihn erkalten. Wir dürfen jeder ein Stück probieren. Man kann den Palmzucker als Süßigkeit verwenden oder damit süßen.
Im Anschluss fahren wir zu einem Musiker, der auf einer Sasando, einer röhrenförmigen Zither aus Bambus, für uns musiziert. Wir sind fasziniert von den Klängen. Die Sasando ist das nationale Musikinstrument auf der Insel Roti. Auf ihr lassen sich traditionelle wie moderne Musik spielen. Als der Musiker Wind of Change zu spielen beginnt, bekomme ich eine Gänsehaut und muss an einen Tag in Moskau denken, an dem es hieß, dass die Scorpions auftreten würden um diesen Song zu spielen. Damals befanden wir uns am Ende des kalten Krieges…
Geburtstage
Ute und Heinz feiern bereits zum zweiten Mal mit der Gruppe ihren Geburtstag. Heinz hat am Stellplatz in Kefamenanu zu Umtrunk und Snacks geladen. Wir stehen in einem Sportkomplex, in dem gerade ein Fußballtunier von Schulmannschaften aller Altersstufen ausgetragen wird. Es wimmelt nur so von Kindern, Jugendlichen und Eltern, bzw. Betreuern. Das Stimmengewirr ist so groß, das wir unser eigenes Wort nicht verstehen.
Es ist das letzte Mal auf der Reise, dass sich um uns ein Kreis von Menschen bildet, die uns einfach zuschauen bei dem, was wir tun. Das haben wir in Indien und Indonesien erlebt. Es ist bizarr und kaum zu beschreiben. Besonders wird es, wenn dann die ersten von uns einen weiteren Kreis bilden, um die beiden Kreise zu fotografieren…
Can I have a selfie please?
Viele wollen ein Selfie mit uns haben. Das ist auch etwas, was uns die ganze Reise über begleitet hat, die Bitte ein gemeinsames Foto machen zu dürfen. Ich käme im Traum nicht auf die Idee, zuhause auf wildfremde Menschen zuzugehen, mich neben sie zu stellen und – deren Einwilligung voraussetzend – mit dem Fotografieren zu beginnen, während ich frage, ob das auch okay ist. Wir müssen in den sozialen Medien auf unserer Strecke richtig berühmt sein…
In einem Straßenimbiss hatte eine Frau wohl ein Livevideo gestartet. Immer mehr Menschen kamen, um mir und Manfred beim Frühstücken zuzusehen, bis eine auf das Mobiltelefon zeigte und sagte, sie wüssten alle, dass wir hier sind.
Wir lassen es krachen
Der Stellplatz in Atapupu ist der letzte gemeinsame, bevor wir nach Timor Leste fahren und ins Hotel ziehen, um die Wohnmobile zu Putzen.
Wir nehmen ein letztes Bad im Meer und machen noch einmal einen Tag Pause, bevor wir abends zum Sonnenuntergang am Strand zum ersten Abschiedsabend zusammenkommen.
Wir speisen gemeinsam, schauen uns einige Fotos an, bestaunen das Feuerwerk, das Felix für uns abbrennt und quatschen und tanzen dann zur Playlist, die wir alle mit unserer Partymusik gefüllt haben. Es ist ein schöner und würdiger Ausklang von Indonesien und auch von der gemeinsamen Reise. Und trotzdem mag so richtig keine Abschiedspartystimmung aufkommen. Schließlich stehen uns noch elf Tage Putzen bevor.
Eure Saradevi
Darwin, 15.09.2023