Ohne Abdruck
Völlig erschöpft und müde vom ganzen Putzen und der Abschiedsparty am Vorabend, stehen wir nun an der Passkontrolle in dem altertümlichen Flughafen in Dili. Die Beamtin ist völlig irritiert. Auch nach mehrmaligen Versuchen kann sie keine Fingerabdrücke von uns generieren. Meine Erklärung, dass nach elf Tagen Putzen die Fingerkuppen glatt sind, hält sie, glaube ich, für einen Scherz. Sie ist überzeugt, dass ihr Gerät nicht richtig funktioniert – wir dürfen passieren.
Kein Problem
Der Flug ist kurzweilig. Wir bekommen eine Stunde geschenkt. Unser Gastgeber Stephen aus unserem airbnb hat uns angeboten, uns vom Flughafen abzuholen. Wir nehmen dankend an und sind glücklich, uns um die Fahrt vom Flughafen zu ihm nicht kümmern zu müssen.
Die Zollabfertigung geht erstaunlich zügig vonstatten. Wir hatten von Spürhunden und langen Wartezeiten gehört. Nichts dergleichen erleben wir. Die von uns deklarierten Gegenstände (Holzgriff am) Taschenmesser, Ledergeldbeutel, Nespressokapseln dürfen wir alle mit einführen. Alles kein Problem. Wenn die Kontrolle der Wohnmobile auch so unspektakulär verläuft, freue ich mich geradezu schon darauf.
Wie zuhause
Stephen wartet schon auf uns. Die Fahrt zu ihm dauert keine zehn Minuten. Da wir schon am folgenden Abend weiter nach Auckland (Neuseeland) fliegen, habe ich eine Unterkunft in Nähe des Flughafens gewählt.
Während unserer Ankunft läuft ein WM-Spiel im Frauenfußball mit australischer Beteiligung. Da das Turnier hier ausgetragen wird, sitzen gerade Millionen von Aussies vor dem Fernseher. Wir gesellen uns zu Stephen ins Wohnzimmer auf die Couch und schauen ebenfalls zu.
Leider verlieren die Australierinnen das Spiel. In Australien hat die WM offensichtlich dazu beigetragen, Fußball populärer zu machen. Selbst Stephen, der Basketballtrainer auf nationaler Ebene war und viele Sportarten ausgeübt hat, hatte vorher noch nie mehr als eine Halbzeit Fußball geschaut.
Ich jedenfalls fühle mich gleich heimisch. Die WM- Spiel der Deutschen Mannschaft hätte ich sicher zuhause auch verfolgt.
Wie in einer anderen Welt
Ich sitze auf der Couch. Mir wird bewusst, in einem fremden Land zu sein, dass mir vom ersten Augenblick an vertraut ist. Es ist hier normal, sich ein WM-Spiel anzusehen und hinterher Essen zu gehen. Wir laden Stephen im benachbarten Golfclub zum Essen ein, plauschen und schmieden Pläne. Wir haben einen Tag in Darwin. Bereits nach Mitternacht des Folgetages geht unser Flieger.
Sonntags in Darwin
Nach dem Frühstück brechen wir auf in Richtung Nightcliff, einem nördlich gelegenen Stadtteil. Hier ist sonntags ein Markt, auf dem traditionelle Produkte, Kleidung, Holzprodukte, Hüte, Schmuck, etc. angeboten werden. Wie auf den heimischen Feierabendmärkten ist auch hier für das leibliche Wohl gesorgt. Ein Straßenmusiker untermalt das Ganze. Wir stöbern umher und bummeln durch den Stadtteil.
Ich bleibe immer wieder verzückt stehen und genieße das Windowshopping vom Bürgersteig aus. In einer Nähstube mit Verkaufsladen und Raum für Workshops erfreue ich mich an der Atmosphäre und den ausgestellten Kleidern. Der interessierten Inhaberin erkläre ich, dass dieser Vormittagsbummel für mich, nach so vielen Monaten, der Übergang in eine andere, vertraute Welt ist.
Von den Ursprüngen
Wir fahren mit dem Linienbus weiter zum Museum and Art Gallery of the Northern Territory. Es beinhaltet diverse Ausstellungen. Eine ist den Kunstwerken der Aborigines gewidmet.
So, wie die Ausstellung aufbereitet ist, habe ich das Gefühl, dass die Auseinandersetzung mit der Kolonialzeit und dem Umgang mit den Aborigines hier gerade ein dickes Thema ist. Aber ich kann mich auch täuschen. Das werde ich in den nächsten Monaten weiter verfolgen.
Auch in Australien geht die Sonne unter…
Vom Museum laufen wir an der Wasserkante entlang zum Botanischen Garten, verweilen eine Zeit lang, bis wir zum Mindil Beach Sunset Market weiterbummeln. Etliche Händler vom Vormittag stellen auch hier aus. Da sind wir einen Tag in Darwin und „treffen schon alte Bekannte“.
Zum Sonnenuntergang treffen wir Stephen wieder, der mit zwei neuen Gästen hierher kommt. Die beiden sind aus den USA angereist und wollen ihre Hochzeitsreise mit dem Camper im Kakadu Nationalpark verbringen. Als die Sonne im Meer versunken ist, klatschen alle. Das habe ich letztmalig in Key West erlebt.
Ein schöner AusKLANG
Zu fünft fahren wir weiter Richtung Innenstadt zum Darwin Festival, das mit dem Fantastival in Dinslaken zu vergleichen ist. Hier treten täglich, eine Woche lang, Musiker auf zwei Bühnen auf. Wir lauschen der Musik aus einem Bereich und essen zu Abend. Es gibt viele Stände, an denen jeder etwas findet. Es ist eine schöne Stimmung auf dem Festivalgelände. Fast schade, dass wir nicht noch ein paar Tage hier sind…
Weiter geht’s
Nach einem Zwischenstopp bei Stephen fährt er uns gegen halb zehn zurück zum Flughafen. Ein ausgefüllter Tag in Darwin liegt hinter uns. Es ist mein erster Aufenthalt hier in Australien und ich freue mich darauf, dieses neue und doch so vertraute Land in den nächsten Wochen bereisen zu dürfen.
Bis dahin liegen aber erst einmal drei Wochen in Neuseeland vor uns, während unser Amigo seinen Weg nach Darwin hoffentlich unversehrt findet.
Eure Saradevi
Darwin, 22.09.2023