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Reich beschenkt

Am zweiten Tag in der Türkei machen wir uns mit 8,50 Euro in türkischen Lira auf den Weg ins Zentrum von Mürefte. Dieser führt uns an einer stillgelegten Ziegelei auf einer unbefestigten Straße hin zu einem durchaus touristischen Ort. Allerdings habe ich den Eindruck, dass sich hier nicht so viele deutsche Urlauber tummeln.

Einkauf fürs Abendessen

Neben der Erkundung des Ortes wollen wir Brot und Salat fürs Abendessen einkaufen und nach neuen Campingstühlen Ausschau halten. Die alten weisen in den Scharnieren Bruchstellen auf und halten nur noch, weil sie mit Kabelbinder fixiert sind.

Im Dorfzentrum gibt es viele Händler, die mit den erstaunlichsten Gefährten angereist sind und verschiedene Lebensmittel anpreisen. Alle sind äußerst freundlich und offen, ohne aufdringlich zu sein. Die Auswahl ist deutlich geringer als es Anbieter gibt. Wir schlendern umher und wollen die Einkäufe auf dem Rückweg erledigen.

Als ich begann mich fremd und willkommen zu fühlen

Im gesamten Ort sieht man überwiegend älterer Männer in und vor den Cafés zusammensitzen. Frauen sieht man nur in einem Park oder direkt vor den Wohnhäusern sitzen. Gleichwohl es in Dinslaken eine große türkische Community gibt, ist mir die Lebensweise doch sehr fremd geblieben. Ich habe wenig Ideen, was hier als richtig und was als falsch erachtet wird. Ich komme mir vor wie ein Dummie und denke, dass es so den Flüchtlingen und Menschen, die neu in unser Land kommen und andere Wurzeln haben, wohl auch geht. Verrückt, was so ein Perspektivwechsel auslöst! Bei mir auf jeden Fall mehr Verständnis und Empathie für Fremde in Deutschland.

Das Geschenk

Während ich noch mit diesen Fragen beschäftigt bin, entscheide ich mich für einen Händler und packe acht Pflaumen und zwei Fleischtomaten in eine Tüte. Ich werde gefragt, ob ich noch mehr wolle. Die Verständigung ist sehr gestenreich. Nein, versichere ich. Daraufhin überreicht mir der Verkäufer die Tüte und gibt uns zu verstehen, dass er sie uns als Geschenk überlässt. Ich bin überwältigt von dieser Geste und sehr dankbar, aber auch beschämt. Von dem Wenigen, was sie ohnehin haben und verdienen, bekommen wir noch etwas geschenkt. 

Wir erstehen noch eine kleine Wassermelone und ein Brot – jeweils für 50 Cent. Die Stühle bekommen wir hier nicht. So müssen wir erst mal nur noch mit unseren Dreibeinhockern zurecht kommen.

Am Ende des Tages haben wir kaum etwas ausgegeben, wurden reich beschenkt und bereiten uns einen leckeren Salat mit Brot zu. Diesen verzehren wir bei einem herrlichem Blick aufs Marmarmeer neben unserem Amigo. Wir campieren hier für drei Nächte auf dem ortseigenen Campingplatz. Wir fühlen uns hier sehr wohl und sind sehr herzlich von allen aufgenommen worden.

Übrigens haben wir überlegt, dass Salat unser Essen für die Hälfte der Woche sein könnte. Im Amigo warmes Essen zuzubereiten, übersteigt aktuell mein Vorstellungsvermögen.

Saradevi

Mürefte, 30.07.2022

Manfred nach einer Runde Boule mit Tümer und Tahir auf dem Campingplatz

Wir freuen uns auf den Austausch mit dir...

Dieser Beitrag hat 10 Kommentare

  1. Udo Uehlemann

    Ich beneide euch für den Mut so eine Reise anzutreten, wünsche weiterhin eine gute Reise. Wir genießen gerade eure Lieblings Insel. L.G

    1. saradevi

      Lieber Udo,
      Mut – ja das haben wir häufiger gehört in letzter Zeit.
      Ich werde die Frage, ob wir mutig sind, noch mal für mich bewegen. Ich finde es vielleicht mutig in diesen Zeiten aufzubrechen…
      Aber wie dem auch sei: Eine gute Zeit auf unserer Lieblingsinsel
      sama

    2. Reiner&Vero

      Mit dem Bild vom “Boule spielen” ist ein Stichwort gefallen, dass mich (verständlicherweise) anmacht… Ich wünsche Euch sehr, dass Ihr diese Kugeln häufig als “Türöffner” zu bis dahin fremden Menschen nutzen könnt.
      Ihr seid für mich Botschafter:innen der Freundlichkeit. Wie schön, dass wir uns getroffen haben!
      Reiner mit Vero

      1. saradevi

        Lieber Reiner mit Vero ;))
        ja, dass sollte so sein, dass wir uns auf unserem Weg nach Istanbul noch einmal persönlich begegnen. Zufälle gibt es bestimmt nicht. Wir haben unser Wiedersehen ebenfalls sehr genossen.
        Es war schön, auch das Boule spielen mit dir noch einmal aufzufrischen. Gut, dass Manfred noch ein paar Kugeln besorgt hat. Auf dem Campingplatz kannten sie das Spiel nicht. Wir wurden gefragt, ob es okay ist, wenn sie uns filmen… Schnell haben wir Tahir animiert mitzuspielen. Schließlich kam auch sein Vater und es wurde eine schöne Begegnung. Ein Türöffner ist es ganz bestimmt und auch eine schöne Art, den Abend mit etwas Bewegung ausklingen zu lassen.
        Liebe Grüße
        sama

        1. Reiner

          Liebe Saradevi, ich liege den ersten Abend wieder zuhause in meiner „Koje“, freue mich über Deine Antwort und mir fällt noch etwas ein:
          Während eines Frankreich-Aufenthaltes im Frühling vor einigen Jahren kommt auf einem Camping a la ferme eine Frau eine Frau mit einem Teller voller Erdbeeren zu uns und fragt auf Englisch, ob wir die haben wollen, sie hätten sie übrig – daraus wurde 1. ein sehr schöner gemeinsamer Abend mit Michelle und Lindsay aus Süd-West Australien, 2. eine 3-tägige gemeinsame Weiterreise über Gruissan Plage und Carcassonne und 3. eine inzwischen intensive vierjährige Facebook-„Freundschaft“.
          Will sagen, kleine „Übrighaben“-Geschenke“ können auch Kontinente überwinden! Gute Nacht

          1. saradevi

            Lieber Reiner,
            ja, es sind oft die kleinen Dinge im Leben, die den Unterschied machen. Eine schöne Geschichte ist das.
            Liebe Grüße aus Batumi
            Saradevi

  2. Pia

    Liebe Sabine und lieber Manfred, das liest sich alles so toll und ich bin ganz neidisch auf eure Reise! ( was nicht heißen soll, dass ich sie euch nicht gönne!) jedenfalls verfolge ich deine Berichte, liebe Sabine, mit großem Interesse!
    Ist diese Reise eigentlich ab Istanbul organisiert? Und wenn, wieviele Personen, bzw. Fahrzeuge seid ihr?
    Ich freu mich schon auf deine nächsten Berichte!
    Ganz liebe Grüße und viele tolle Erfahrungen
    Pia

    1. saradevi

      Liebe Pia,
      wir freuen uns, von dir zu Lesen! Ja, ab Istanbul fahren wir als Gruppe. Über Tag fährt jeder für sich allein. Abends treffen wir uns dann an einem Ort (Stellplätze gibt es so gut wie keine auf dem Weg). Wir sind 18 Fahrzeuge mit Reiseleitung. Wir sind gespannt auf diese Art zu reisen und werden sicher davon berichten. Liebe Grüße aus Istanbul sama

  3. Alois Schürken

    Hallo ihr Lieben.
    Wir verfolgen eifrig eure Tour. Sehr schön was wir über das Leben und die Gastfreundlichkeit in der Türkei erfahren.
    Drücken die Daumen, dass ihr noch neue Campingstühle findet. Haha. Bleibt gesund. Grüße von uns aus Hiesfeld.
    Moni und Alois

    1. saradevi

      Lieber Alois,
      wer hätte gedacht, dass wir uns noch mal im Internet begegnen. Wie schön! Und natürlich auch liebe Moni!
      Ja, wir haben in Istanbul bei einem Campingausstatter neue Stühle erworben. Sie sind zwar nicht ganz so bequem und etwas kleiner, aber praktisch und sogar platzsparender. Da ich beim Essen kaum über unseren alten Tisch hätte gucken können, haben wir uns auch noch einen passenden kleinen Tisch dazu besorgt. Der Verkäufer war sehr nett, hat uns eine Rabatt eingeräumt und uns noch ein kleines Portemonnaie für Münzen geschenkt. Da haben wir mal wieder Glück gehabt. Zusätzlich gab es eine abenteuerliche Fahrt quer durch die Stadt mit allem, was Istanbul zu bieten hat. Manfred war sehr gefordert und ist klasse gefahren – auch als die freundliche Mitarbeiterin von Google uns eine Abkürzung durch die engen Gassen der Altstadt angeboten hat, als wir mal eine Ausfahrt verpasst hatten… aber das ist eine andere Geschichte!
      Liebe Grüße
      sama