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2. Etappe: Maine bis Georgia, 24. September - 11. November 2019

sama:trail trifft Appalachian Trail

Ich ging in die Wälder, denn ich wollte wohl überlegt leben; intensiv leben wollte ich. Das Mark des Lebens in mich aufsaugen, um alles auszurotten was nicht Leben war. Damit ich nicht in der Todesstunde inne würde, daß ich gar nicht gelebt hatte.

Henry David Thoreau (1817-1862)

Welcher Kino-Liebhaber aus meiner Generation kennt nicht diese Zeilen? Mir war gar nicht klar, dass der gute Henry David Thoreau nicht nur Schriftsteller und Philosoph war, sondern auch  Naturalist und Mystiker. Er lebte für einige Zeit in eben diesen Wäldern, die wir gerade selbst durchwandern. Zum Wandern haben wir eine gute Zeit erwischt. Es ist nicht zu warm zum Laufen und nicht zu kalt zum Verweilen.

Das Wandern ist des Müllers Lust…

Zwei längere Touren über Stock (Wurzeln) und Stein liegen nun hinter uns und ich bin erfreut, dass meine Knie so gut mitspielen. Schwere Beine hatte ich schon nach der ersten Tour, unsere Uhren waren sich nicht sicher, ob es bei der ersten Wanderung nun 26 oder 29 km waren, die wir getippelt sind – fürs erste jedenfalls mehr als genug. Entlohnt wurden wir mit Wegen über Stunden nur für uns allein, grandiosen Ausblicken und einem rauschenden Fluß mit kleinen und größeren Wasserfällen. Einfach wunderschön. Da finde ich das Bild „Mark des Lebens“ schon sehr passend.

Dass es schon dunkel war, als wir zurückkamen, kann ich jetzt belächeln. Wohlgefühlt habe ich mich zuletzt in der Situation nicht mehr ohne Taschenlampe und Bärenpfeife…
Lieber Volker, ich weiß nicht, ob du den Blog liest, aber die Warnhinweise bzw. Hinweise bezüglich der Bären glich denen auf Vancouver Island und da habe ich ja viel gesungen damals auf unserem Weg… Auch wenn ich nicht unbedingt ein ängstlicher Mensch bin, so habe ich doch großen Respekt vor Lebensräumen und deren Bewohner. Und ich bin nun mal nur Gast im Reich der Natur und Tiere.

Auf dem sama:trail

Unser sama:trail führt uns immer mal wieder in die Berge und dann wieder bis an die durchaus hügelige Küste, so ein wenig in Schlangenlinien. Wir fahren für unsere Verhältnisse eigentlich wenige Kilometer. In unserem Job damals waren es sicher deutlich mehr. Die Küstenregion ist malerisch und erinnert ein wenig an das Gebiet um Stockholm mit den vielen Schären. Je nach Stand der Tide sehen die Wasserflächen ganz unterschiedlich aus und die Tide ist hier sehr ausgeprägt.

Dreimal haben wir bislang getankt. An der letzten Tankstelle konnte ich mit den 2,99 für Diesel wenig anfangen, bis ich begriff, dass das der Galonenpreis ist – pro Liter sind es umgerechnet ungefähr 78 Cent. Für die Verhältnisse hier ist unser Amigo wohl ein sparsamer Gefährte. Inklusive Heizung am Abend und in der Nacht sowie Dieselherd verbrauchen wir aktuell nur 9,5 Liter.
Und so bringt uns unser zuverlässiger Begleiter von Ort zu Ort und erfreut sich an den Bremsen schonenden Weiten im Norden der USA.
Unterwegs wird der Amigo immer wieder bestaunt. Zum einen, weil er so auffallend beklebt ist und zum anderen, weil so kleine Wohnmobile hier die absolute Ausnahme bilden. Auf einem Parkplatz vor „Best Buy“ in Portland wurden wir von einem interessierten Paar angesprochen und haben eine „Hausführung“ gemacht.
 

Schon komisch, dass hier die Läden auch am Sonntag geöffnet haben. In einem Outdoor Shopping Nirwana sind Läden 365 Tage für 24 Stunden geöffnet – wir waren trotzdem um 22.30 Uhr wieder im Amigo und fanden das schon ziemlich spät.
Allmählich verliere ich mehr und mehr den Überblick, welchen Wochentag wir haben. Kürzlich war unser Hochzeitstag und heute hat Rosetta Geburtstag, das sind Anker im sonstigen Gang der Gezeiten. 

Appalachian Trail tritt sama:trail

Bereits zum zweiten Mal begegnen wir nun dem Appalachian Trail, der sich wie eine Schnur von Süd nach Nord über 3400 km entlang der Gebirgskette durch 14 Bundesstaaten zieht. Wir sind jetzt im Bundesstaat New Hampshire und erfreuen uns sehr an dem Indian Summer. Ich mag die Leuchtkraft, die von roten neben „noch grünen“ Bäumen ausgeht. Die Natur schafft einfach die schönsten Farbenspiele. Zum Teil würde man meinen, dass es solche Verfärbungen in Wirklichkeit doch gar nicht gibt. 

Gleich starten wir auf den Mt. Washington und werden – wie es aussieht – einen Berg im Nebel erleben. Das wäre ein Grund noch einmal zurückzukehren, wie auch zum Preikestolen in Norwegen. Nachdem wir diesen damals in Sandalen und Fahrradschuhen (mehr haben Radfahrer ja nicht dabei) erklommen hatten, wagte ich mich ganz nah an die Felskante – es war ja nichts zu sehen. 

Mit einem Zwischenstopp in Meredith geht es dann heute noch, oder vielleicht auch erst morgen, weiter in die Boston Area.

Hier dürfen wir dann am Freitag den bestellten Trafo an einer Amazon Packstation abholen. Das ganze Thema hat uns doch mehr beschäftigt als gedacht. Bei Walmart hat der Mitarbeiter nach einer halben Stunde aufgegeben, da es nicht leicht ist, einen Account als Reisender zu erstellen bzw. die Lieferung dann an einen anderen Ort schicken zu lassen. Als Amerikaner easy going, aber eben nicht für uns. Und sieben Tage irgendwo in einer kleinen Stadt zu warten, bis das Paket kommt, ist auch nicht wirklich erstrebenswert. Das ging dann mit einem amerikanischen neuen Amazon-Account besser als erwartet. Nun hoffen wir mal, dass das Thema in Boston bzw. Cambridge durch sein wird. 

Ansonsten beschäftigt mich die Frage, ob wir hier gerade ein Jahr Urlaub machen oder ob es nicht eine andere Art von Alltag ist… oder etwas drittes, nämlich das Leben unterwegs. Wir versorgen uns ja überwiegend selbst, Waschen und Putzen, Spülen von Hand, bearbeiten die Post von Zuhause, die meine Eltern uns dankenswerterweise als Pdf schicken, wir tätigen Überweisungen, sind im Kontakt mit euch, kümmern uns um unsere Belange – irgendwie auch Business as usual. Jedenfalls wünschen uns viele einen schönen Urlaub oder sprechen von Urlaub. Aber was ist das, was ich hier gerade mache? Manchmal fühlt es sich an wie Urlaub pur und dann auch wieder wie ganz normaler Alltag. Was meint ihr?

Liebe Grüße

Saradevi
 

Cog Railway station, 01.10.2019 

Nachtrag einen Tag später:

Wer unsere Seite regelmäßig besucht, hat bestimmt bemerkt, dass sie einen Tag lang nicht richtig funktioniert hat. Das letzte  Update, dass ich im Café der Bahnstation machte, hat die Permalinks außer Kraft gesetzt. Ich hatte so etwas vermutet und das Menü überprüft, hätte aber niemals herausgefunden, was nun zu tun ist. Dank Daniel, der eine treffende Idee hatte und die entsprechenden Resets gemacht hat, läuft das System jetzt wieder. Wie sagte Manfred gerade ganz treffend: “Der Daniel ist echt ein Schatz.” Das stimmt!

Gerade kam auch die Nachricht, dass wir unser Paket von Amazon in Empfang nehmen können. Eigentlich war es für Freitag avisiert. Auf dem Weg Richtung Boston Area sind wir jedenfalls schon unterwegs.

Wir freuen uns auf den Austausch mit dir...

Dieser Beitrag hat 2 Kommentare

  1. Doris und Günter

    Hallo ihr Urlauber, Weltenbummler, Entdecker oder was auch immer. Da habt ihr ja eine Menge an Buchstaben zusammen- getragen. Die Aufzählung kann noch ergänzt werden “Schreiberlinge” oder Blogger. Es freut uns, dass ihr den Umwandler jetzt habt. Er ist bestimmt schon eingebaut und funktioniert. Bestimmt!
    Wenn man eure Beschreibung liest und die Bilder sieht, ist das eine wunderschöne Landschaft. Damit können wir im Ruhrpott nicht dienen. Obwohl, wir haben auch schöne Ecken, müssen aber nicht singend oder pfeifend, um wilde Tiere zu vertreiben, umherlaufen. Andere Länder, andere Sitten. Selbst in dünn besiedelten Gegenden haben die Läden rund um die Uhr auf. Man muss sich daran gewöhnen, wie auch an die Dieselpreise. Je mehr ihr fahrt, desto mehr spart ihr, das ist doch eine Einnahmequelle! Jetzt kommt ihr mehr in größere Städte und werdet noch mehr bestaunt. Kleines Wohnmobil, ganz bunt. “Hausbesuche” werden zum Standard.
    Nun weiter so, viele positive Erlebnisse, gute Gespräche und behaltet die Sonne im Herzen.
    Eure Oldies

    1. saradevi

      Den Umwandler testen wir morgen, wenn wir mal wieder auf einem Campingplatz sind. Jetzt haben wir erst einmal vier Tage in Boston, Brookline und Cambridge auf Overnight-Parkplätzen verbracht… Campingplätze gibt es hier nicht und jeden Tag eine weite Anreise aus dem Umland wollten wir nicht. Lieber mitten drin sein ;))
      Ja, was das Tanken anbelangt, halten wir es natürlich ganz mit Loriot …
      Ich glaube, wir haben einen falschen Eindruck hinterlassen. Es gab Läden, die rund um die Uhr auf haben, aber das sind die wenigsten. Sonntags hingegen waren die Läden hier in Boston alle auf.