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Lass für einen Moment alles da sein – 7Mind Impuls (KW 1)

Wie du am Ende deines Lebens wünscht gelebt zu haben, so kannst du jetzt schon leben.

Mark Aurel

Wie schon in meinem letzten Beitrag angekündigt, werde ich die Tradition wieder aufnehmen und mich durch den wöchentlichen Achtsamkeitsimpuls von 7Mind inspirieren lassen und darüber berichten. Das jeweilige Kalenderblatt gibt immer ein Thema vor und inspiriert mit einem Zitat wie dem von Mark Aurel in dieser Woche.

 

Dank Tunnelblick war der Weg klar und ich gut fokussiert

In der Zeit, in der ich ausgiebig meiner Arbeit nachging, habe ich mich nicht so intensiv mit der Frage beschäftgit, wie ich wirklich leben will. In meiner Jugend hatte ich einen für mich guten Weg gefunden. Nach Abschluss des Studiums nahm die Arbeit den zeitlich größten Stellenwert ein. Ihr habe ich Fragen der Lebensart untergeordnet. Meine Tage waren strukturiert, die Eckpfeiler wie Wochenende und Urlaub gesetzt. Meine Fragestellungen drehten sich eher darum, wie ich arbeiten, wovon ich mich leiten lassen und wie ich meine Rolle füllen wollte.

Sind Pläne da, um sie nicht ganz so ernst zu nehmen?

Vor einigen Jahren habe ich mein Arbeitspensum auf ein normales Maß hinuntergeschraubt und im Februar vorletzten Jahres, um Manfreds offiziellen Renteneintritt herum,  dann meine Tätigkeiten aufgegeben. Nach ein paar Monaten der Vorbereitung haben wir im Herbst 2019 unsere Reise durch Nord- und Mittelamerika, getreu dem Motto ‘Catching the moment’, angetreten. Während dieser Reise habe ich wiederentdeckt, welche Schätze das Leben bereithält, wenn nicht alles geplant ist. Die Route hatten wir nur grob festgelegt. Vor Ort haben wir sie täglich modifiziert und an unsere Bedürfnisse, Interessen und Vorlieben angepasst. 

Ich bin bekanntlich eine, die gerne Pläne macht, um Sicherheit zu haben und auf etwas hinarbeiten zu können, bzw. Wünsche durch Strukrur auch realisieren zu können. Aber nach Jahren enger Termintaktung habe ich es einfach genossen, nicht alles vorzuplanen. So blieb viel Raum, um Neues zu entdecken und neue Erfahrungen zu sammeln. Mehrere der schönsten Begegnungen und Erlebnisse hatten wir “zufällig” und nicht geplant.

Was weiß ich, was ich am Ende meines Lebens denke, was ich hätte tun sollen …

Im Hier und Jetzt, wo wir zurück sind und Corona uns zusätzlich Ruhe und Einkehr schenkt, stelle ich mir häufiger die Frage, welche Lehren ich aus meinem bisherigen Leben ziehe und was das für meine Zukunft bedeutet.

Für den Moment kann ich sagen, dass ich mehr im Einkang mit der Natur leben und unser aller Ressourcen schonen möchte. In meinen Entscheidungen möchte ich innerlich frei sein und möglichst wenig Ballast (Besitz, Verpflichtungen …) mit mir herumschleppen.
Und dies mit einer Haltung von Offenheit, Liebe, Ehrlichkeit, beharrlich und authentisch. Das fällt nicht immer leicht und kostet auch mal Mut und Energie – ist aber meins.

Konkret im Alltag versuche ich

  • alle Wege zu Fuß oder mit dem Rad zu erledigen. Abgesehen von der Strecke zwischen Dinslaken und Den Hoorn gelingt das ausgezeichnet. Zeitweise bewege ich innerhalb eines Jahres ganze Monate das Auto nicht.
  • unsere Heizungen intelligent zu steuern. Wir haben die Systeme digitalisiert und an unsere Lebensweise angepasst. Zudem haben wir viel weniger Raum als früher, was ganz natürlich zu einer Reduktion führt.
  • so wenig Strom und Wasser zu verbrauchen wie möglich. Nach etlichen Monaten im Wohnmobil, als die Ressourcen klar vorgegeben waren, hat sich der sparsame Verbrauch ganz von selbst eingestellt. Noch immer zucke ich zusammen, wenn ich mich ertappe, den Wasserhahn nicht gleich abgestellt zu haben.
  • meinen Besitz zu pflegen und zu ehren, um lange Freude daran zu haben.
  • so selten wie möglich einfach nur so Altes gegen Neues auszutauschen. Sprich so wenig Müll zu produzieren wie möglich.
  • nicht alles als selbstversändlich zu nehmen, sondern mir des Luxus, in dem ich lebe, bewusst zu sein.

Wenn ich einmal meinen inneren Schweinehund überwunden habe, bewege ich mich gern und es tut mir gut … Dann erfreue ich mich daran, die Natur zu beobachten und auf immer gleichen Wegen hier in den Dünen stets Neues zu entdecken und dem Wandel der (Jahres-)Zeiten zuzusehen.

Ich möchte mir gern ausreichend Zeit für die Menschen nehmen, die mir am Herzen liegen. Das Miteinander und Füreinander ist doch das Wichtigste – auch wenn wir uns aktuell nicht persönlich treffen können. Aber das Gefühl der Verbundenheit trägt und ist durch nichts zu ersetzen.

Jetzt ist auch die Zeit, das zu machen, woran mein Herz hängt! Aber was ist das konkret? Dazu werde ich in der nächsten Zeit auf Entdeckungsreise gehen.
Auf jeden Fall aber möchte ich mich dem widmen, was ich immer schon machen wollte, aber wofür die Zeit oder auch der Mut fehlte. So freue ich mich auf die Gestaltung des Blogs und weitere Veröffentlichungen, auf den “eigenhändigen” Umbau des Wohnmobils, die Planung und Gestaltung von Wohnen an sich, das Nähen eigener Kleidung, das Reisen… Es gibt noch so viele Dinge, die ich entdecken und durchdringen möchte. Alles ohne Anspruch auf Perfektion. Es geht vielmehr darum, die Dinge zu den meinen zu machen und Freude an dem zu haben, was ich gestalte.

Und was ist, wenn ich dann gar keine Lust habe, genau das, was ich eigentlich machen möchte, auch zu tun?
Kennst du dieses Gefühl? Eigentlich würde ich jetzt gern… und dann sind da die vielen selbtgemachten Zeitklauer und es bleibt nicht genug Zeit, um das zu machen, was eigentlich gewollt war?

Ich bin Saisonarbeiterin und kann mich so fokussieren, dass alles “in time” fertig ist. Wenn es aber gar nicht darauf ankommt, wann etwas fertig ist, muss ich mich anders motivieren, um dran zu bleiben.
So wollte ich beispielsweise schon vorletzte Woche diesen Beitrag geschrieben und weiter am Newsletter-System gearbeitet haben – in Gedanken ist bereits alles schon länger formuliert und strukturiert. Aber dann fand ich es eben doch schöner auszuschlafen, mit Manfred gemeinsam in Büchern zu lesen, zu spielen, ausgiebig spazieren zu gehen, Musik zu hören, zu meditieren, zu kochen, fern zu sehen und und und …

Weniger ist für mich definitiv mehr 

Im letzten Frühjahr habe ich mich entschieden, mich lieber weiter einzuschränken und sparsam zu leben, als weiter zu arbeiten und mir mehr Luxus zu gönnen. Ich bin aktuell mit dem, was ich habe, sehr zufrieden. Besitz um des Besitzens wegen war mir noch nie wichtig. Aktuell geht es mir zudem mehr denn je um Fuktionalität und um die Frage, ob ich etwas wirklich brauche. In den letzten zwei Jahren habe ich kaum etwas angschafft und begonnen, Kleidung zu flicken, statt sie aufgrund eines Lochs gleich zu entsorgen. Meine Haltung zu den Dingen hat sich verändert.
Und statt zu arbeiten, möchte ich mich nur noch ehrenamtlich einbringen. Es gibt so viele tolle Projekte, die ohne Ehrenamt nicht stattfinden könnten.

Die Konstante, die Wandel heißt

Mir ist durch das Reisen und auch durch Corona noch einmal mehr bewusst geworden, dass Wandel und Veränderung in den letzten Jahren Konstanten waren, mit denen ich auch künftig rechnen muss. Von daher möchte ich mir eine Flexibilität bewahren, um mich entsprechend einstellen, aber auch meine Wünsche leben zu können.

Mich treiben zu lassen und an jedem Tag neu entscheiden zu können, wünsche ich mir. Meine Prioritäten  zu setzten – ohne das, was wichtig und notwenig ist, aus den Augen zu verlieren.

Manfred und ich lesen uns gerade Jack Kornfields Buch “Wahre Freiheit” sowie Hararis “21 Lektionen für das 21. Jahrhundert” gegenseitig vor. Hier werden ähnliche Fragen bewegt. Ein Zufall? Auf jeden Fall bereichernd und inspirierend. 

Die Frage, wie ich wirklich leben will, wird mich wohl immer wieder neu  beschäftigen, denn die Antwort wird immer nur eine für diesen unendlichen Augenblick sein, in der ich sie finde. Das nennt man wohl Leben. Ich freue mich jedenfalls darauf und bin gespannt, was da noch auf mich zukommt aus der Zukunft.

Was für ein Luxus, dass ich die Zeit habe, mich damit beschäftigen zu können. Es gibt gerade jetzt viele Menschen, die um ihr Leben, ihre Existenz bangen und ganz andere Sorgen haben. Ihnen kann ich am besten helfen, in dem ich auf alle nicht notwendigen Kontakte verzichte und mich für die Gemeinschaft engagiere.

Saradevi, 10.01.2021 

 

Was bzw. wie kannst du jetzt schon leben, ohne Wünsche aufzuschieben?
Gibt es einzelne Handlungen, Einstellungen oder Haltungen, die es zu verändern gilt? Oder bist du glücklich mit dem was ist?

Ich freue mich über eine lebendige Diskussion mit dir/euch…

Wir freuen uns auf den Austausch mit dir...

Dieser Beitrag hat 2 Kommentare

  1. Gerd Grauvogl-Bruns

    In sehr vielen Dingen sprichst Du mir aus dem Herzen.
    Auch ich habe mein Leben und Arbeitspensum drastisch reduziert – wenn auch nicht so radikal wie Du.
    Vieles was Du ausführst ergibt sich aus der Konsequenz heraus und ist dann gar nicht mehr so schwierig wie man anfänglich befürchtet hat. Veränderung bewirken ist zunächst ein kleiner Kraftakt, welche aber rasch ihre eigene Dynamik entwickelt.

    Liebe Grüße aus Dinslaken

    Gerd

    1. saradevi

      Lieber Gerd,
      Danke für deine Zeilen. Der Gedanke der Eigendynamik gefällt mir.

      Ja, Vieles folgt, wenn eine Dynamik/ein Weg erst einmal eingeschlagen ist. Für mich ist es ein Weg, der anfangs vom Yoga (hier insbesondere durch die Beschäftigung mit der buddhistischen Psychologie) und seit längerem auch durch die Achtsamkeit begleitet wird.

      Ich bin froh, diese Weggabelung gefunden und genommen zu haben. Und ebenso glücklich bin ich, dass Manfred und ich diesen Weg gemeinsam gehen können. Ich kenne einige Paare, die von unterschiedlichen Dynamiken geleitet werden und deren gemeinsamer Weg dann beschwerlich wird.

      Dynamik ist auch Veränderung – und das ist das, was letztlich bleibt. In welche Richtung, das können wir zu einem gewissen Maß selbst mit bestimmen…

      Liebe Grüße aus einem heute erstmals seit langem verschneiten Texel
      Sabine