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5. Etappe: Kuba, 26. Dezember 2019 - 22. Januar 20205. Etappe: Kuba, 26. Dezember 2019 - 22. Januar 2020

Mein Kuba – Unterwegs in einem Land voller Schönheit und Widersprüche

Fast vier Wochen lang bin ich nun schon in diesem wundervollen Land unterwegs. Zunächst zu zweit auf eigene Faust mit öffentlichen Verkehrsmitteln und nun seit gut zwei Wochen gemeinsam mit meinen Eltern und dem Luxus eines persönlichen Reiseleiters und Fahrers. Es war seit langem mein Wunsch, Kuba zu bereisen und nun, anlässlich meines fünfzigsten Geburtstags, ist er Wirklichkeit geworden.

Miles and more

Gut 2500 km Erlebnisse und Erfahrungen liegen nun hinter mir. Ich durfte eine Woche auf dem Land leben und etliche Tage in der quirligen Großstadt Havanna verbringen, bevor wir unsere Tour über die Insel gestartet haben. Außerdem habe ich noch nirgends sonst die Unterwasserwelt so erkundet wie hier. So konnte ich mir Korallenriffe und viele unterschiedliche Fische aus nächster Nähe ansehen.

Wie in einem nicht enden wollenden Film ist eine grandiose Landschaft an mir vorbeigezogen. Ich habe Bilder und Szenen aufgesogen. Bilder voller Farbe, Schönheit und Reichtum, aber auch voll Armut – ein Nebeneinander, das eine ganz besondere Spur in meiner Erfahrungswelt hinterlassen hat. 

Tradition und Fortschritt

Für mich ist Kuba ein Land der Widersprüche, eines, in dem Traditionen gelebt werden und gleichzeitig Aufbruchstimmung herrscht. Ein Land, in dem die jungen Menschen Veränderungen wünschen und die älteren noch an den Errungenschaften und Überzeugungen der Revolution festhalten – hier vollzieht sich Veränderung in kleinen Schritten. Mir ist im Laufe dieser Wochen bewusst geworden, welch wichtige Rolle die Revolution von 1959 bis heute noch spielt und wo sie aus meiner Sicht aktuell zu Problemen führt. Die Veränderungswünsche der jungen Generation stehen den Haltungen der älteren kompromisslos gegenüber. 

Touristen-Alltag auf Kuba

Erschreckt hat mich der Zustand der Bausubstanz, wie auch der Infrastruktur. Es hat etliche Tage gedauert, bis ich mich an das Bild maroder Häuser und kaputter Bürgersteige und Straßen fast gewöhnen konnte. Bis ich mich über abschließbare Türen und Wasser auf den Toiletten gefreut habe, um ein paar Beispiele zu nennen.

Mit den Schwierigkeiten des Alltags klar zu kommen, haben die meisten Kubaner gelernt. 

Unter diesen Bedingungen jedoch eine Unterkunft für Reisende zu schaffen und zu betreiben, ist eine große Herausforderung. Die Jungunternehmer in den Casas particulares haben einen wesentlichen Beitrag geleistet, dass unsere Reise ein solcher Erfolg wurde. Lieben Dank für eure Mühen und schön, dass es euch gibt.

Kennengelernt habe ich in meiner Zeit auf Kuba Überlebenskünstler, die aus dem Wenigen, das sie besitzen, das Beste machen und innovative Ideen haben. Menschen, die das Leben feiern, lebendig und kontaktfreudig sind und sich nicht aus der Ruhe bringen lassen. Allerorts gibt es Livemusik, eine Tradition, die ich sehr schätze.

Ich habe mich an Straßen voller Kutschen, Fahrrädern, Rikschas, Taxis, Bussen und Mopeds gewöhnt, daran, dass Autos auf dem Land eher die Ausnahme bilden. An Feldern, wo Menschen noch mit der Machete arbeiten und Pferde und Ochsen zum Einsatz kommen. Es ist normal, dass Hühner und Schweine frei herumlaufen, Pferde im Vorgarten stehen und Hunde einfach herumstreunen.

Ich mag die Atmosphäre von Straßen voller Menschen, die sich unterhalten, sich vor ihren Häusern oder in den Parks treffen, gemeinsam ihre Fahrzeuge reparieren sowie auf der Straße spielende Kinder. Das Wetter hier unterstützt diese Kultur natürlich ungemein.

Überall gibt es kleine Stände, Kioske oder einzelne Personen, die Gemüse, Obst, Produkte der Region oder auch Souvenirs anbieten. Insbesondere in den kleinen Orten und auf dem Dorf sind die Geschäfte wenig bestückt bis leer und bieten einen für mich traurigen Anblick. Wir sind das Leben mit Rationierung nach Karten und dem Organisieren von Lebensmitteln nicht gewohnt. Hier müssen die Menschen sich auskennen, ein Netzwerk haben und sich gut organisieren können. ‚Einmal hin, alles drin!‘ gibt es hier nicht.

Gibt es einen richtigen Weg?

Berührt hat mich zu sehen, wie die Menschen ihr Hab und Gut wertschätzen und pflegen. Die persönlichen Dinge haben einen anderen Wert als bei uns, Vieles wird wiederverwertet und neu eingesetzt, wenig weggeschmissen. Ich wünschte, wir hätten ein wenig davon. 

Gleichzeitig gibt es wilde Müllkippen und immer mal wieder Orte, die ich als dreckig bezeichnen würde. Auch einer der Widersprüche, die mir aufgefallen sind.

Ich wünsche den Kubanern allen Reichtum auf Erden. Es ist für mich nur schwer auszuhalten, wie groß die Unterschiede zu uns sind, was Besitz und Lebensstandard anbelangt. Es wäre gut, wenn sie bei der Entwicklung ihrer Wirtschaft und Infrastruktur aus unseren Fehlern lernen und uns nicht nacheifern. Schließlich ist bei uns nicht alles gut. Überfluss und Wegwerfgesellschaft sind aus meiner Sicht nicht erstrebenswert und für unser Ökosystem ohnehin eine Katastrophe.

So wäre es zum Beispiel nicht wünschenswert, wenn jeder ein Auto vor die Tür gestellt bekäme, da das die Infrastruktur gar nicht hergibt und viele neue Probleme schaffen würde. Vielmehr sollte in einen vernünftigen öffentlichen Nahverkehr aus erneuerbaren Energien und eine gute Infrastruktur investiert werden. Aber das ist meine persönliche Meinung zu einem von vielen Themen.

Unterwegs in der großen weiten Welt

Für einen CUC, umgerechnet rund 0,90 Euro, kann man sich eine Stunde Internet erkaufen. Man bekommt eine Karte mit Benutzernamen und Passwort von jeweils 12 Ziffern. Diese Karte kann man jedoch nur benutzen, wenn man in der Nähe von einem Hotspot ist. Sieht man viele Menschen mit Handy an einem Platz, ist klar, da muss irgendwo ein Router sein. 

In den ersten Tagen gab es für uns keine Möglichkeit, eine Karte zu erwerben. Im Hotel, von dem aus wir die Tour mit meinen Eltern starteten, hatten wir erstmals Internet-Empfang. An meinem Geburtstag war der Empfang so schlecht, dass ich die Video-Glückwünsche nicht voll laden konnte. 

So haben wir das Leben überwiegend ohne Internet genossen und uns daran gewöhnt, nicht mal eben etwas nachzusehen, eine Nachricht runterzuladen oder auch wegzuschicken. Das Handy hat in gewisser Weise in der Zeit hier an Bedeutung verloren.

Auf das Setting kommt es an

Mit unseren Begleitern Luis (deutschsprachiger Reiseleiter) und Camilo (Fahrer) haben wir großes Glück gehabt. Luis hat uns unermüdlich all unsere Fragen beantwortet und es gab auf unserem Weg kaum etwas, das er nicht kannte oder zu dem er nichts sagen konnte. Danke Luis, dass du all dein Wissen und deine Erfahrungen mit uns geteilt hast. So kann ich das Erlebte noch einmal ganz anders einordnen und in Bezug setzen.

Camilo hat uns jeden Tag sicher von Ort zu Ort gefahren und dabei die vielen Schlaglöcher unmerklich umfahren. Er hat dafür gesorgt, dass wir uns entspannt zurücklehnen und einfach nur die Aussicht genießen konnten. Ein Dankeschön auch dafür.

Dankbar bin ich, dass ich diese Reise mit Manfred und meinen Eltern gemeinsam verbringen durfte. Es ist eine sehr wertvolle Zeit. Die Reise alleine zu machen hat sicher auch etwas, sie zu teilen, ist jedoch doppelt wertvoll. Danke für die Einladung!

All-inklusive

Die letzten Tage hat uns der Reiseveranstalter in einem All-inklusive-Hotel in Guardalavaca untergebracht. Es ist mein erster All-inklusive-Aufenthalt. Die Anlage ist sehr schön und gepflegt, dagegen lässt sich gar nichts einwenden. Das Personal ist ausgesprochen freundlich und hält die Anlage top in Schuss. Leider sind die Mitarbeiter die einzigen Kubaner, die weit und breit zu sehen sind. Wir leben hier wie in einem kleinen Dorf des Luxus, ohne Bezug zur kubanischen Realität, weit weg von der nächsten Stadt. Hätte ich nicht schon die Wochen auf Kuba hinter mir, ich weiß nicht, mit welchen Eindrücken ich nach Hause fahren würde. Ich bin kein Mensch für eine solche Anlage und werde selbständig sicher kein solches Hotel buchen. Ich liebe den Kontakt zu den Menschen und deren Lebenswirklichkeit, suche gern Orte auf oder gehe in ein Restaurant, wo auch Kubaner hingehen…

Was bleibt

Einige Bilder habe ich mit meiner Kamera für euch eingefangen. Vieles bleibt jedoch auch undokumentiert. Es gab etliche Orte, an denen ich es als nicht angemessen empfunden habe, meine Kamera herauszuholen.

Kuba, wie schön, dass ich dich auf meine Art entdecken durfte!

Was kommt…

Morgen starten Manfred und ich über Panama nach Costa Rica. Hier erwartet uns eine kleine Rundreise durch einen Teil des Landes. Bislang haben wir nur gehört, dass Costa Rica ein sehr schönes Land sein soll. Wir werden mit einer Gruppe unterwegs sein, die Reiseleitung ist in englischer Sprache. Wahrscheinlich kommen die Mitreisenden aus verschiedenen Ländern. An den meisten Orten sind wir nicht länger als zwei Tage. Wir sind gespannt, was uns erwartet. 

Ob sich zwischenzeitlich die Möglichkeit bzw. auch die Zeit ergibt, etwas von uns hören zu lassen? Wir werden sehen.

Guardalavaca, 22.01.2020

Wir freuen uns auf den Austausch mit dir...

Dieser Beitrag hat 2 Kommentare

  1. Ute

    Glückwunsch nachträglich, liebe Sabine.

    Fühl dich umarmt!

    Grüße aus dem eisigen Oberhausen

    Ute

    1. saradevi

      Liebe Ute,
      vielen Dank!
      Wir sind in diesem Winter – mit ein paar Ausreißern – wirklich im ewigen Sommer.
      LG in unsere Heimat!
      Saradevi