Lange Wartezeiten
Der Grenzübertritt vom Iran nach Pakistan war eine tagesfüllende Zumutung (aber wahrscheinlich wird es an den nächsten Grenzen nicht besser). Zeitraubend sind vor allem die Formalitäten auf iranischer Seite, schließlich aber auch die Carnetbearbeitung der Pakistani. Bei Einbruch der Dunkelheit stehen wir endlich auf pakistanischer Seite auf einem geschützten Stellplatz für die Nacht.
Im Konvoi entlang der afghanischen Grenze
Mit bewaffneter Polizei geht es nun im Konvoi durch Belutschistan. Zunächst fahren durch eine karge Wüstenlandschaft dem Gebirge entgegen und entlang der afghanischen Grenze. Nachts stehen wir auf geschützten Grundstücken und mit bewaffneter Nachtwache. Die Fahrt im Konvoi ist zeitraubend und das Überholen der behäbigen Lastwagen zum Teil eine Geduldsprobe. Da Linksverkehr herrscht, ist entgegen kommende Fahrzeuge schwer einzuschätzen. Gefährlich sind außerdem die waghalsigen und zum Teil rücksichtslosen Überholmanöver der Pakistani.
Nachtquartiersuche
Die Konvoifahrten ziehen sich bis zur Dämmerung hin. In einer Ortschaft halten wir. Die Guides prüfen mit der Polizei geeignete Stellplätze für die Nacht, was sich als schwierig und zeitraubend erweist. Polizisten sind bemüht, neugierige Bewohner der Ortschaft von den Wohnmobilen fernzuhalten. Die Situation sei nicht sicher. Ein junger Mann lässt sich nicht vertreiben und nähert sich freundlich, als der Polizist nicht mehr zu sehen war. Neugierige Fragen nach dem Woher und Wohin, wer wir sind und was wir machen. Karges Englisch auf beiden Seiten. Schnell bildet sich eine Traube interessierter Männer. Kein einziges weibliches Wesen ist zu sehen. Die Frauen seien im Haus, gehen allenfalls morgens einkaufen. Ob ich Christ sei? Mein Hauptgesprächspartner: Islam ist die beste Religion der Welt! Ich fragend, ob das nicht alle Religionen von sich behaupten… Ein netter, älterer Herr, der Koranlehrer, beendet die Begegnung, indem er die Umstehenden mit sich (zur Schule?) nimmt.
Im Hunzatal
Die Tage im Konvoi gehen schließlich kurz vor Erreichen des Hunzatales zu Ende. Dort verbringen wir einige Tage: Wir fahren z.B. weiter ins Tal auf dem Karakoram Highway bis zur chinesischen Grenze auf 4693 m. Dort laufen wir erstmals seit dem Start unserer Reise auf Schnee. Unterwegs gab es Yakherden und eine Steinbockherde zu sehen. An einem Haltepunkt machen wie die Bekanntschaft mit einem 80-jährigen Pakistani, aus Bangladesch stammend, Vater von vier Kindern, eines davon in Deutschland verheiratet, der im Hunzatal ein kleines Hotel seit 35 Jahren betreibt. Eine Geländewagenfahrt führt uns an einem anderen Tag auf abenteuerlichen Wegen in das sehr abgelegene Dorf Shimshal. Wir wandern, besichtigen ein altes, als Museum hergerichtetes Dorfhaus in Gulmit und werden zum landestypischen Mittagessen eingeladen. An zwei Abenden sehen wir einen Film. Auch einen Gammeltag legen wir an einem regnerischen Tag ein und genießen das Nichtstun mit Fotobearbeitung, Yoga und gemütlichen Gesprächen in der Gruppe.
Shit happens
Und dann wäre da noch die Begegnung mit einem Hund, als Saradevi nichtsahnend an einem Haltepunkt die Informationstafel studieren wollte. Ein (freilaufender?) Hund schnappt nach ihrem Bein, lässt sich aber durch erbostes, aggressives Anschreien auf Abstand halten. Das Hosenbein bleibt fast heil, zunächst ist nur eine nicht blutende, blaugefärbte Bisswunde oberhalb des Knöchels zu sehen, später blutet es leicht. Wunde desinfiziert und mit Pflaster abgedeckt, fahren wir in die nächste Ortschaft. Dort endlich Sim-karten für ganz Pakistan erhalten. Saradevi hat die Tetanusimpfung, aber nicht die gegen Tollwut. Beratschlagung und Entscheidung, vorsichtshalber einen Arzt aufzusuchen. Der Impfstoff gegen Tollwut ist vor Ort nicht zu haben, wir müssen für die Akutimpfung 110 km zurück nach Gilgit fahren und wollen dort vor Einbruch der Dunkelheit ankommen, denn der Straßenzustand ist tückisch. Wir finden in der Nähe der Klinik keinen Parkplatz. Mit Hilfe eines netten Pakistani vor dem Krankenhaustor wird uns gestattet, auf das Krankenhausgelände zu fahren. Sehr zuvorkommende Behandlung im Sanitätsbereich, die wir zunächst nicht annehmen wollen. Doch Gäste werden hier so behandelt, gibt man uns zu verstehen. Mit Erlaubnis des Arztes dürfen wir auf dem Gelände übernachten, da wir bis zum nächsten Morgen auf den Folgeimpfstoff warten müssen. Diesen erhält Saradevi dann auch um 9:30 Uhr. Die nächsten Impfungen müssen in den nächsten Tagen erfolgen. Wenn unterwegs keine Behandlungsmöglichkeit gegeben ist, sollen wir erneut vorsprechen. Für Gäste ist die Behandlung frei, der Impfstoff kostete umgerechnet ein paar Euro. Unsere Donation zaubert ein überraschtes, freudiges, dankbares Lächeln auf das Gesicht der Leute – schön zu sehen, weil bisher wir immer wieder unverhofft beschenkt wurden.
Indien kommt näher
Vor Ort in Gulmit erhält Saradevi in der Klinik die zwei nächsten Impfungen. Mit dem Film Ghandi, Teil 1 und 2 stimmen wir uns an zwei Abenden auf die Zeit in Indien ein, denn die Tage in Pakistan sind gezählt. Wir fahren zurück bis kurz vor Chilas, dort übernachten wir auf einem sehr unruhigen Platz. Hundegebell, LKW-Geratter, Muezinrufe am frühen Morgen und das Aufheulen von Motoren bleiben mir in Erinnerung. Über die N 15 gelangen wir durch das Gebirge und erreichen die Passhöhe auf 4170 m. Naran wird unser nächster Übernachtungsort auf dem Weg nach Lahore.
Der Babusar Pass
Unser Ziel für diesen Tag erreichen wir über den Babusar Pass, der fast hinter jeder Kurve wunderschöne Aussichten für uns bereithält. Leider sind die vereinzelten Cafes und Restaurants ( schon – oder immer noch?) am Wegesrand geschlossen. Überraschend viele Leute, und vor allem kleine Kinder, sind auf der Straße zu sehen, etliche Dörfer säumen den Weg. Wegen der vielen Erdrutsche ist auch diese Straße hin und wieder in arge Mitleidenschaft gezogen worden, so dass wir für die 132 km glatte 6 Stunden benötigen – allerdings mit einer kleinen Frühstückspause, vielen Fotostopps und einer Wasserauftankgelegenheit an einer sprudelnden Quelle. Am Ziel werden wir mit Regen und einem leichten Gewitter begrüßt.
Über Islamabad nach Lahore
Die Fahrt aus dem Gebirge Richtung Hauptstadt führt über lange, wirklich schlechte Wegstrecken. Entsprechend spät erreichen wir endlich die gut ausgebaute Autobahn und kommen heil in Islamabad an. Unser Amigo hat sich prima geschlagen und wir sind mit ihm voll und ganz zufrieden. Franks Geburtstag wir am Stellplatz kurz gefeiert. Früh gehen wir zu Bett. Die Fahrt nach Lahore führt von Islamabad über die sehr gut ausgebaute M 2 stetig ist Flachland. Über Lahore liegt eine zig Kilometer lange Dunstglocke, dem Klima und der 11 Millionen Metropole geschuldet. Es empfängt uns sogleich ein dichter Verkehr, bestehend aus Rikschas, Mopeds, Autos und LKWs und eine hupende, surrende Geräuschkulisse. Ich bin froh, dass nach zwei Kilometern der Stellplatz erreicht ist. Er liegt relativ ruhig auf einem baumschulartigen Gelände mit riesiger Wiese und einem Vermählungscontainer. Da ein METRO-Handel in direkter Nachbarschaft zu sehen ist, nutzen wir die abendliche Zeit zum Shopping.
Geburtstag des Propheten
Am nächsten Morgen geht es bereits um 8:30 Uhr mit dem Bus zur Besichtigungstour. Wir besuchen einen weitläufigen Komplex, u.a. mit der Badshahi Moschee, Blick auf Minar-e-Pakistan und dem Lahore Fort. Anschließend besichtigen wir eine farbenfrohe Mosche, die wir per Bus und einem Spaziergang durch die Altstadt erreichen. Die meisten Läden sind geschlossen, auch etliche Restaurants. Es ist Feiertagsstimmung, mehr und mehr Leute füllen die Straßen. Ein großes, bewaffnetes Polizeiaufgebot befindet sich an zentralen Stellen in der Stadt. Es ist spürbar: ein großes Event steht bevor…
Resümee beim Abendessen
Mein Wissen über Pakistan war vor der Reise schon sehr dürftig, die relativ wenigen Tage in Pakistan haben daran nur wenig ändern können. (Und leider waren die englisch sprachigen Guides wegen meiner dürftigen Englischkenntnisse auch nicht weiter erhellend!)
Die politischen Nachrichten über Pakistan sind und waren ja nicht erfreulich und standen im Zusammenhang mit den Aktivitäten islamistischer Extremisten. Und: Pakistan gilt als das frauenfeindlichste Land der Welt. Mit entsprechend gemischten Gefühlen fand die Einreise nach Pakistan statt. Die anfängliche Polizeieskorte beunruhigte mich.
Aber: Wir lernten freundliche, zugewandte Polizisten kennen. Die Menschen sind interessiert und gern im Kontakt mit uns. Ein Bedrohungsgefühl entstand während der Reise durch Pakistan für mich nicht. Offensichtlich besteht Pakistan aus sehr unterschiedlichen Volksgruppen und die Verschleierung der Frauen und ihre Präsenz auf den Straßen sind sehr unterschiedlich. Und dann besteht noch ein sehr starkes Gefälle – wie in etlichen anderen Ländern auch – zwischen Land und (Haupt-)Stadt.
Wegen der verheerenden Naturkatastrophe und den Überschwemmungen im Süden, bereisten wir den nördlichen Teil des Landes. Insbesondere das Hunzatal ist reizvoll und beeindruckt mit einer imposanten Bergwelt.
Der Verkehr und die Straßenverhältnisse sollen eine gute Vorbereitung auf Indien gewesen sein: Bin sehr gespannt…
Manfred
Lahore, 09.10.2022
Loved reading about your drive across Pakistan. Thanks so much!
Hello Jenny, thank you and greetings now from India. We made the pakistani-indian border in 6 1/2 hours.
Have a good time although – we are always happy to see your posts on instagram from your current trip.
Lovely greetings sama